Technik & Materialien

Schritt für Schritt zu sauberem Wasser

Schema einer Kläranlage

Schema einer Kläranlage. Bild: Jay Louvion/Frédéric Peault, SIG

In modernen Kläranlagen wird aus schmutzigem Abwasser sauberes Flusswasser. Dies geschieht mit einem raffinierten Prozess, bei dem Filter, Bakterien und Eisensalz die Hauptrolle spielen.

Überdüngte Seen, schäumende Bäche – diese Bilder gehörten bis weit in die 1970er Jahre zum schweizerischen Alltag. Heute sind die Gewässer in unserem Land fast überall wieder so sauber, dass das Baden in ihnen ohne Bedenken möglich ist. Möglich wurde diese Erfolgsgeschichte dank des Aufbaus einer flächendeckenden Abwasserreinigung: Die Abwässer von Haushalten und Industrie werden mit fein verästelten Kanalisationsleitungen gesammelt und in leistungsfähigen Kläranlagen soweit gereinigt, dass sie ohne Bedenken in die Gewässer zurückgeleitet werden können.

Grenzüberschreitende Reinigung

Eine der modernsten und grössten Reinigungsanlagen der Schweiz wurde 2009 von den Services Industriels de Genève (SIG) in der Genfer Gemeinde Satigny in Betrieb genommen. Die Kläranlage Bois-de-Bay reinigt das Abwasser von rund 130 000 Einwohnerinnen und Einwohnern aus mehreren Genfer Vorortsgemeinden sowie aus der benachbarten französischen Region Pays de Gex. 350 Liter Abwasser pro Sekunde strömen durchschnittlich in die Anlage und werden in einem mehrstufigen Prozess sorgfältig gereinigt. Die Umwandlung des Schmutzwassers mit seinen vielen verschiedenen Stoffen in sauberes Flusswasser ist ein komplexer Vorgang. In der Kläranlage Bois-de-Bay wird der gesamte Ablauf in einer modernen Leitstelle überwacht, von der aus die 75 Pumpen, 80 Antriebe und mehr als 150 Ventile gesteuert werden.

In einem ersten Schritt werden in der Vorbehandlung alle Feststoffe, die grösser als 6 Millimeter sind, aus dem Abwasser gefiltert. Der Rückstand wird separiert, entwässert und anschliessend in einer Kehrichtverbrennungsanlage verbrannt. In einem zweiten Becken wird das Abwasser danach weiter aufgeteilt: Am Boden des Beckens sammelt sich der Sand, der sich noch im Wasser befindet. Oben wird das Öl und Fett abgeschöpft, das auf dem Wasser schwimmt.

Bakterien als wichtige Helfer

Nach dieser mechanischen Reinigung wird das Abwasser in vier Becken zur biologischen Reinigung geleitet. In diesen Becken wandeln verschiedene Mikroorganismen organische Schadstoffe in weniger problematische Stoffe um: Die Bakterien benützen die Schadstoffe zum Leben und um sich zu vermehren. Als Nebenprodukte entstehen Stickstoff, Kohlendioxid und Wasser. Damit die Bakterien überleben können, muss dem Wasser ständig Sauerstoff zugegeben werden. Gleichzeitig wird das Abwasser auch mit Eisensalz chemisch gereinigt, denn es enthält Phosphate, die von Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Lebensmitteln stammen.

Das Eisen und die Phosphate verbinden sich zu unlöslichen Substanzen. Diese lagern sich im Nachklärbecken zusammen mit dem Schlamm aus toten Bakterien am Boden ab. Dieser sogenannte Klärschlamm wird abgesaugt und anschliessend im Faulturm weiterverwertet (s. Kasten). Nun ist das Wasser wieder so sauber, dass es in die benachbarte Rhone eingeleitet werden kann.

Wofür wir unser Wasser brauchen

Damit das Abwasser, das wir tagtäglich in die Kanalisation spülen, wieder sauber wird, braucht es nicht nur Filter, Bakterien und Eisensalz, sondern auch viel Energie. Kläranlagen gehören daher zu den grössten Stromverbrauchern. In einer durchschnittlichen Gemeinde verbrauchen sie mehr Energie als alle Schulhäuser zusammen. Wenn man jedoch aus dem Abwasser die vorhandene Energie zurückgewinnt, lässt sich der Strombezug drastisch senken. Eine erste Möglichkeit dazu gibt es bereits vor der Kläranlage: Mit Wärmetauschern kann man Abwasser in der Kanalisation Wärme entziehen, um damit Häuser zu heizen. Auch die Wärme des Wassers, das die Kläranlage verlässt, kann zum Heizen von Gebäuden genutzt werden. Bei rund 80 Kläranlagen wird das bereits gemacht; theoretisch könnte sogar jedes sechste Gebäude in der Schweiz so versorgt werden. Allerdings darf das Wasser vor der Kläranlage nicht zu sehr abgekühlt werden, benötigen die Bakterien doch für ihre Reinigungsarbeit eine gewisse Wärme.

Eine weitere wichtige Energiequelle ist der Klärschlamm: Im Faulturm wird ein Teil des Klärschlamms in Biogas umgewandelt. Dieses Biogas kann verwendet werden, um in einem Blockheizkraftwerk erneuerbaren Strom zu produzieren und mit der Abwärme den Faulturm zu beheizen. Auch der restliche Klärschlamm lässt sich verwerten: Wird er in einer Kehrrichtverbrennungsanlage verbrannt, kann man mit der freigesetzten Energie Strom erzeugen und über die Fernwärmenetze ganze Quartiere beheizen. «Mit der heutigen Technik lässt sich eine Kläranlage praktisch ohne fremde Energie betreiben », erklärt Ernst A. Müller vom Verein Infrawatt. «Würde man dies bei allen Anlagen der Schweiz so machen, könnte man sehr viel wertvolle Energie einsparen.»

Text: SATW /Felix Würsten

Quelle: Technoscope 1/12: Wasser

Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche

 

Erstellt: 25.01.2013

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