Technik & Materialien

Wenn der Kühlschrank zur Batterie wird

Schema Lokales Lastmanagement

Schema Lokales Lastmanagement: Jedes Gerät besitzt einen eigenen «Lastmanager» (LMG), mit welchem es mit dem «Lastmanager Haus» (LMH) kommunizieren kann. Der Lastmanager Haus erhält vom Stromnetz Informationen darüber, wie viel Strom am Netz zurzeit verfügbar ist. Er verteilt danach Befehle, wann ein Verbrauchsgerät, wie die Kühltruhe oder die Wärmepumpe, seinen Stromverbrauch erhöhen oder drosseln soll. Dasselbe wäre auch über drahtloses Internet (WLAN) möglich. In Zukunft könnten auch die Batterien von Elektrofahrzeugen für Lokales Lastmanagement genutzt werden. Grafik: Fachhochschule Nordwestschweiz

Sonnen- und Windenergie sind zwar umweltschonend, aber nicht jederzeit verfügbar. Deshalb muss sich der Stromverbrauch in den Haushalten zukünftig dem Angebot anpassen. Damit dies möglich wird, entwickelt eine Forschungsgruppe Haustechnik für ein so genanntes Lokales Lastmanagement.

Die Verbrennung von fossilen Energieträgern, wie Heizöl oder Benzin, ist massgeblich für den Klimawandel mitverantwortlich, sind sich heute die meisten Wissenschaftler einig. Deshalb sollen in Zukunft vermehrt erneuerbare Energieträger wie Sonnen- und Windenergie genutzt werden. Gleichzeitig könnten wir Autos oder Heizungen künftig über Strom anstelle von Erdöl antreiben. Doch was ist, wenn die Sonne von dicken Wolken verdeckt ist und gleichzeitig kein Wind weht, während die Stromnachfrage, zum Beispiel zum Kochen oder Aufladen der Autobatterie, auf ein Maximum ansteigt?

Regelenergie aus der Gefriertruhe

Will man verhindern, dass das Elektrizitätsnetz zusammenbricht, so muss der Stromverbrauch gedrosselt werden. Und damit dabei nicht plötzlich die Herdplatte zuhause aussteigt, braucht es das Lokale Lastmanagement. Martin Wiederkehr, Professor für Elektrotechnik an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), erklärt das System wie folgt: «Wir schalten gewisse Haushaltsgeräte vorübergehend aus, wenn zu wenig Strom am Netz ist und lassen sie erst wieder bei voller Leistung laufen, wenn genügend Strom verfügbar ist.» Damit werden Haushaltsgeräte zu flexiblen Stromspeichern.

 Nimmt man bei einem Stromengpass zum Beispiel eine Gefriertruhe für 15 Minuten vom Netz, hat der Nutzer zuhause keine Komforteinbusse. Die Fischstäbli bleiben weiterhin gefroren. Uns ist auch egal, wann ein Boiler das Wasser aufheizt – also zum Beispiel während einem Stromüberschuss im Netz. Hauptsache wir können warm duschen. Da es in der Schweiz Millionen von Gefriertruhen und Boilern gibt und die Anzahl Wärmepumpen stetig zunimmt, ist das Potenzial zur Steuerung der Stromnachfrage darüber entsprechend hoch. Die Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass über Lokales Lastmanagement jederzeit eine Leistung von einem Gigawatt für zehn Minuten blockiert werden könnte – das entspricht der Leistung eines Atomkraftwerks.

Autobatterien zum zusätzlichen Ausbalancieren

Heute ist Wiederkehr von der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit des Lokalen Lastmanagements überzeugt. Es werde aber trotzdem noch eine Weile dauern, bis die Hersteller ihre Haushaltsgeräte mit Mikrochips für eine intelligente Stromsteuerung ausstatten, glaubt der Forscher. Zuvor brauche es Kommunikationsstandards, die von allen akzeptiert werden.

In einem gemeinsamen Projekt mit der Hochschule Luzern geht Wiederkehr nun noch einen Schritt weiter: Zusätzlich zu den Haushaltsgeräten könnten auch Batterien von Elektroautos zum Ausbalancieren des Elektrizitätsnetzes genutzt werden. Geht man davon aus, dass in Zukunft viele Menschen nicht mehr mit Benzin, sondern Strom zur Arbeit fahren, würden künftig tausende von Batterien zur Netzstabilisierung bereitstehen. Soweit ist man heute noch nicht, trotzdem ist Wiederkehr überzeugt: «Der Umbruch hin zu einer intelligenteren Strombewirtschaftung ist in vollem Gang.»

Text: SATW / Samuel Schläfli

Quelle: SATW Technoscope 1/11: Intelligente Häuser

Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche

 

Erstellt: 08.02.2013

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