Tiere & Pflanzen

Der Zebrafisch: Vom Aquarium ins Forschungslabor

Zebrabärblinge

Die blau-schwarz schimmernden Längsstreifen sind das Markenzeichen des Zebrabärblings. Bild: Oregon State University/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Der Zebrafisch erfreut sich nicht nur als Zierfisch grosser Beliebtheit. Dank einigen aussergewöhnlichen Eigenschaften kann er uns als Modellorganismus zu Erkenntnissen aus der Entwicklungsbiologie und Genetik verhelfen.

Überflutetes Reisfeld

Überflutete Reisfelder in Südasien sind der ursprüngliche Lebensraum des Zebrabärblings. Bild: CanStockPhoto

Ursprünglich stammt der Zebrafisch oder Zebrabärbling aus Südasien, wo er in den Reisfeldern Pakistans, Indiens, Nepals und Bangladeschs lebt. Seine blau-schwarz schimmernden Längsstreifen machen den knapp 5 Zentimeter langen Fisch aber auch zu einem der beliebtesten Aquarienfische, weshalb sein Anblick auch in Europa keine Seltenheit ist.

Seit Ende der 1960er-Jahre interessieren sich allerdings nicht nur Zierfischfreunde für den Zebrabärbling: Wissenschaftler entdeckten in ihm eine Reihe von Eigenschaften, die ihn zu einem idealen Modellorganismus machen. Dies bedeutet, dass er in grosser Anzahl gezüchtet wird, um der Wissenschaft als Versuchsobjekt für entwicklungsbiologische und genetische Forschung zu dienen.

Was macht den Zebrafisch zum Modellorganismus?

Dass der Zebrafisch sich unter den Forschern so grosser Beliebtheit erfreut, hat zum einen ganz pragmatische Gründe: Die Fische sind äusserst pflegeleicht und einfacher artgerecht zu halten als beispielsweise Mäuse oder Ratten. Da sie auch in der Natur in Schwärmen leben, können Forscher sie problemlos in grosser Anzahl im Aquarium unterbringen.

Erwachsenwerden im Schnelldurchlauf

Ein weiterer Vorteil ist ihre schnelle Reproduktion und der schnelle Lebenszyklus: Pro Woche können Zebrafische gut 300 Eier produzieren. Die Entwicklung vom Embryo zur Larve verläuft enorm schnell: Bereits nach zwei Tagen schlüpft die Larve aus dem Ei. Bis zur sechsten Lebenswoche sind die Larven dann noch fast vollständig transparent. Diese anatomische Eigenheit macht es möglich, die einzelnen Entwicklungsschritte direkt zu beobachten und mikroskopisch zu untersuchen, ohne die Tiere zu verletzen. Nach rund drei Monaten sind die Jungfische wiederum selbst geschlechtsreif. Dies bedeutet nicht nur eine grosse Anzahl an Versuchstieren, sondern auch einen wertvollen Zeitgewinn, wenn Forscher die Entwicklung eines Organismus untersuchen wollen.

Der Fisch in uns allen

Auch in der Genetik dient der Zebrafisch als Modellorganismus, denn die genetische Ähnlichkeit, die ihn mit dem Menschen verbindet, ist erstaunlich hoch: Rund 70 Prozent seiner Gene gibt es in ähnlicher Form auch bei uns. Darum lassen sich viele der Erkenntnisse aus der Zebrafisch-Forschung auf den Menschen übertragen. Insbesondere genetisch bedingte Erkrankungen lassen sich im Modellorganismus gut untersuchen: Von den uns bekannten Genen, die Krankheiten beim Menschen auslösen können, kommen rund 80 Prozent auch beim Zebrafisch vor.

Wie alle Fische nehmen Zebrafische im Wasser gelöste Substanzen auf. Sie lassen sich gentechnisch verändern, indem erbgutverändernde Substanzen zum Wasser hinzugefügt werden. Wissenschaftler können so die Auswirkungen der Mutationen untersuchen oder bestimmte Gene direkt aus- oder einschalten. Gentechnisch veränderte Zebrafische werden heute als Modellorganismus für die Erforschung menschlicher Krankheiten eingesetzt, zum Beispiel von Alzheimer, angeborenen Herzfehlern und einigen Krebsarten. Auch gewisse gesetzlich vorgeschriebene Tests zur Wirksamkeit oder möglichen Giftigkeit von Arzneistoffen können mit Hilfe der Fische durchgeführt werden.

Phänomenale Regeneration

Die vielleicht aussergewöhnlichste Eigenschaft des Zebrabärblings ist aber eine andere: Verliert er zum Beispiel einen Teil seiner Flosse, wächst diese wieder nach. Sogar Herzgewebe und Nervenzellen können die Tiere ersetzen: Forscher zeigten, dass der Zebrafisch selbst schwere Hirnschäden reparieren kann, indem aus neuronalen Stammzellen neue Nervenzellen gebildet werden. Wie dies genau geschieht, ist Gegenstand der Forschung. Die Ergebnisse einer Studie der Universität Konstanz zeigen, dass die Substanz Retinsäure entscheidend für die Regenerationsfähigkeit ist. Die Wissenschaftler hoffen, aus den Erkenntnissen einst therapeutische Ansätze für die Bildung von menschlichem Gewebe zu gewinnen.

Erstellt: 11.04.2018
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