Technik & Materialien

Exoskelette – Hilfreiche Rüstungen

Exoskelett-Parcours am Cybathlon 2016

Das VariLeg-Team beim Exoskelett-Parcours am Cybathlon 2016. Bild: © ETH Zürich, Alessandro Della Bella

Ein Exoskelett bezeichnet in der Biologie die Hülle, mit der manche Tiere ohne Innenskelett, zum Beispiel Käfer oder Muscheln, zur Stabilisierung und zum Schutz ausgestattet sind. Wir Menschen kommen ohne Exoskelett aus. Oder doch nicht?

Moderne Exoskelette sind Roboter oder Maschinen, die am Körper getragen werden und den Träger bei bestimmten Tätigkeiten unterstützen oder ihm verloren gegangene Fähigkeiten wiedergeben. Am Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil zum Beispiel werden Gehroboter eingesetzt, damit Patienten mit einer Lähmung oder bei Multipler Sklerose wieder lernen können, wie gehen geht.

Der Alltag wird zum Wettkampf

Eine Heilung vieler Behinderungen ist häufig nicht möglich. Gefragt sind also Gehroboter oder Exoskelette, die den Patienten im Alltag ständig unterstützen. 2016 fand der erste Cybathlon in Zürich statt, ein Wettkampf für Menschen mit körperlichen Behinderungen, die Assistenztechnologien anwenden. Die sechs Disziplinen fokussierten auf Alltagssituationen, über die ein Mensch ohne Handicap keinen Gedanken verliert. Die Disziplinen waren: Virtuelles Rennen mit Gedankensteuerung, Radrennen mit elektrischer Muskelstimulation, Geschicklichkeitsparcours mit Armprothesen, Hindernisparcours mit Beinprothesen, Parcours mit robotischen Exoskeletten, Parcours mit motorisierten Rollstühlen. Beim Exoskelett-Parcours mussten sich die Wettbewerbsteilnehmer unter anderem auf ein Sofa setzen und wieder aufstehen, eine Tür öffnen, durch sie hindurchgehen und sie wieder schliessen sowie Schrägen hinauf- und hinuntersteigen.

Schon die Auswahl der Aufgaben zeigt, dass ein Knackpunkt dieser Hilfsmittel ihre Alltagstauglichkeit ist. Denn ausserhalb der kontrollierten Umgebung im Labor oder in der Physiotherapie ist der Patient mit Unebenheiten oder unvorhersehbaren Hindernissen konfrontiert, welche die Assistenzsysteme schnell an ihre Grenzen bringen.

Ein anpassungsfähiges Kniegelenk

Um dieses Problem anzugehen, stattete ein Team der ETH Zürich, das am Cybathlon teilnahm, sein Exoskelett mit einem Kniegelenk aus, dessen Steifigkeit sich dem Terrain anpassen kann. Wie die beteiligten Forscher Stefan Schrade und Patrick Pfreundschuh erklären, ist es dadurch möglich, den Schritt wie bei einem natürlichen menschlichen Kniegelenk je nach Ganggeschwindigkeit und Untergrund unterschiedlich stark abzufedern. Zurzeit muss die Steifigkeit noch manuell eingestellt werden, doch eine verbesserte autonome Steuerung ist bereits in Arbeit.

Das Exoskelett wurde im Rahmen so genannter Fokus-Projekte entwickelt. Diese Projekte bieten bereits Studierenden die Möglichkeit, bei der Entwicklung eines innovativen Produkts in einem interdisziplinären Team mitzuwirken. Denn die enge Zusammenarbeit zwischen Studierenden in Maschinenbau, Elektrotechnik und Gesundheitswissenschaften sowie Ärzten, betroffenen Personen und Fachleuten aus der Industrie gilt als wichtiger Erfolgsfaktor für diese Forschung.

Lies auch das Interview mit dem VariLeg-Teamleader Stefan Schrade und Mediensprecher Patrick Pfreundschuh.

Erstellt: 04.09.2017
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