Natur & Leben

Spiegelzeichnen

Hand, die vor dem Spiegel die Konturen einer Blume nachzeichnet

Sauberes Nachzeichnen im Spiegel verlangt dem Gehirn ziemlich viel ab.

Das Experiment „Spiegelzeichnen“ zeigt dir, wie unsere Sinne zusammenspielen und was passiert, wenn diese Koordination gestört wird.

Das brauchst du:

Einfache Hilfsmittel zum Spiegelzeichnen

So könnte deine fertige Spiegelzeichnungs-Box aussehen. Bild: BrainDays

  • Eine rechteckige Kartonschachtel
  • Ein Stück Spiegel oder Spiegelfolie (aus dem Bastelladen)
  • Schere und Kleber

So wird’s gemacht:

  1. Lege die Kartonschachtel so vor dich hin, dass die breiteste Fläche am Boden liegt. Schneide die obere Wand sowie eine der angrenzenden kurzen Seiten heraus. Du solltest jetzt einen „schubladenförmigen“ Karton vor dir haben.
  2. Befestige den Spiegel an der hinteren Wand des Kartons oder beklebe die Wand mit Spiegelfolie.
  3. Schneide aus den Kartonresten einen breiten Streifen und klebe ihn mit etwas Abstand zur hinteren Wand auf die Kiste.
  4. Lege dann eine Zeichnungsvorlage auf den Boden der Kiste, so dass sie durch den Kartonstreifen für deine Augen verdeckt ist, du sie aber im Spiegel sehen kannst. Ein Stern eignet sich gut für das Experiment.
  5. Zeichne jetzt die Figur auf dem Papier mit einem Stift nach und schaue dabei aber nur in den Spiegel. Eine Stufe schwieriger wird’s, wenn du dich dabei noch mit anderen Personen unterhältst.

Scharf beobachtet:

Wahrscheinlich stellst du ziemlich schnell fest, dass das gar nicht so einfach ist, wie es ausschaut! Während waagrechte Linien, z.B. von rechts nach links, relativ einfach zu meisten sind, musst du dich für senkrechte Linien wahrscheinlich bereits konzentrieren.

Diagonale Linien und Richtungswechsel an den Ecken sind besonders schwierig und führen zu Krakeleien oder Wellenlinien. Vielleicht merkst du auch, dass es mit der Zeit immer besser klappt. Gespräche oder andere Ablenkungen aus deinem Umfeld können dich ausserdem extrem schnell aus dem Konzept reissen.

Das steckt dahinter:

Zwei Spiegelzeichnen-Boxen mit der Hand eines Kindes und derjenigen einer alten Person

Eine spannende Koordinationsübung für Jung und Alt!

Beim Zeichnen einer Linie von links nach rechts oder umgekehrt kommt es kaum zu Schwierigkeiten, da die Bewegungsrichtung von Stift und seinem Spiegelbild gleich sind. Bei senkrechten Linie hingegen wird es komplizierter: Hier ist die Bewegungsrichtung umgekehrt. Um eine Linie zu zeichnen, die auf dem gespiegelten Bild von oben nach unten verläuft, musst du den Stift von unten nach oben ziehen. Diagonale Linie sind noch eine Spur schwieriger: Um eine Linie nachzuzeichnen, die im Spiegelbild von links unten nach rechts oben verläuft, musst du den Stift von links oben nach rechts unten bewegen.

Die Schwierigkeit liegt also in der Koordination von Auge und Hand. Es kommt zu Widersprüchen zwischen den verschiedenen Wahrnehmungssystemen – deine optische Wahrnehmung stimmt nicht mit dem überein, was die Stellungswahrnehmung deines Körpers dir über die Position deiner Hand vermittelt.

Diese Diskrepanz führt dazu, dass manchmal das eine und manchmal das andere Wahrnehmungssystem dominiert: Manchmal lokalisierst du deine Hand dort, wo du sie im Spiegel siehst, und manchmal lokalisiert du sie dort, wo du sie fühlst. Deine Leistung kann sich aber durch Übung verbessern. Es wird vermutet, dass es im visuomotorischen Koordinationssystem der optisch geführten Bewegungssteuerung zu einer Verschiebung der Richtungswerte kommt, dein Gehirn bei der Berechnung der Handposition also die neuen Erfahrungen miteinbezieht.

Hintergrund des Spiegelzeichnens ist ein Experiment, bei dem es um die Fähigkeit des Gehirns geht, auf neue, ungewohnte Referenzen zwischen visueller Wahrnehmung und  gleichzeitigen Bewegung zu reagieren. Zudem soll das Experiment die Erfahrung ermöglichen, was es heisst, wenn Wahrnehmungseindrücke ungewohnt sind und unser Bewegungsverhalten irritierend beeinflussen, wie beispielsweise nach einer Hirnverletzung. Dabei hat das Experiment effektiv wenig mit den Störungsbildern nach Hirnverletzungen zu tun, sondern simuliert lediglich die Schwierigkeiten bei einem visuellen Kontrollverlust und dadurch veränderter manueller Aktivität mit welchem die Betroffenen zu kämpfen haben.

Quelle: Brain Days
Erstellt: 21.05.2016
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