Erde & Umwelt

Pheromone zur Rettung der Weinberge

Ein Traubenwickler auf einem Weinblatt

Der Einbindige Traubenwickler verursacht Schäden in den Weinbergen, weil seine Raupen die Trauben fressen. Bild: Ilia Ustyantsev / Wikimedia Commons, licence CC BY-SA 2.0 Deed

Vielleicht sind dir bei einem Spaziergang in den Weinbergen schon einmal kleine flache Plastikbehälter oder dünne Plastikdrähte aufgefallen, die zwischen den Weinreben hängen. Es handelt sich um Dispenser für Pheromone, die anstelle von Insektiziden zur Bekämpfung von Schädlingen eingesetzt werden. Sie verwirren die männlichen Insekten und erschweren damit die Vermehrung der Art, so dass die Anzahl der Schädlinge abnimmt.

Was sind Pheromone?

Tiere und sogar einige Pflanzen produzieren Pheromone. Auch wir Menschen produzieren sie. Individuen einer Art benutzen diese Moleküle, die sich leicht in der Luft verteilen, um miteinander zu kommunizieren. Man kann sie mit Gerüchen vergleichen. Wenn es zum Beispiel nach frisch gebackenem Brot riecht, wissen wir, dass es in der Nähe frisches Brot gibt. Insekten können Pheromone und viele weitere Moleküle mit ihren Antennen aufnehmen und feststellen, was um sie herum ist und in welche Richtung sie sich bewegen sollen. Weibliche Insekten produzieren Sexualpheromone. Die Männchen können diese Gerüche von Weitem riechen und mit ihrer Hilfe die Weibchen finden. Haben sich Männchen und Weibchen gefunden, können sie sich paaren, um sich zu vermehren.

Paarungsstörung

Die Männchen finden die Weibchen, indem sie deren Pheromonen folgen. Aber was passiert, wenn man eine grosse Menge an Pheromonen in die Luft gibt? Die gesamte Umgebung hat dann denselben Geruch. Dann ist es für Herrn Käfer unmöglich, Frau Käfer zu finden! Das ist so, als würde die ganze Stadt nach warmem Brot riechen. Wie soll man herausfinden, woher der Geruch kommt und wo sich das Brot befindet?

Das Prinzip der Paarungsstörung ist einfach. Man verteilt jede Menge Pheromone in der Umgebung, damit die Männchen die Weibchen nicht finden können. Die verwendeten Pheromone wurden früher direkt aus Insekten extrahiert. Damals waren grosse Zuchten nötig, um genügend Pheromone zu bekommen. Heutzutage werden sie jedoch im Labor hergestellt: Es handelt sich um synthetische Moleküle. In der Landwirtschaft wird die Paarungsstörung eingesetzt, um zu verhindern, dass die Schädlinge zu zahlreich werden und die Pflanzen angreifen. So können gute Ernten eingefahren werden.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Pheromone zu verteilen. Zum Beispiel werden dünne Plastikdrähte, die wie Spaghetti aussehen, mit Pheromonen getränkt und in den Kulturen platziert. Im Frühjahr befestigen die Arbeiterinnen und Arbeiter Hunderte dieser Spaghetti-Dispenser an Rebstöcken oder an Obstbäumen. Es gibt noch eine andere Art von Dispenser, die einem Spray ähnelt. Dieser sprüht die Pheromone mehrmals pro Stunde in die Luft. Diese Schutzmittel sind leicht in Obstplantagen und Weinbergen zu entdecken.

Warum werden Pheromone eingesetzt?

In der Landwirtschaft versucht man heute, den Einsatz von Insektiziden zu reduzieren. Diese Mittel dienen dazu, Schädlinge auf den Kulturen zu töten. Das Problem ist, dass Insektizide für andere Insektenarten, die sogenannten Nützlinge, giftig sind (lies dazu den Artikel Nützlinge: die kleinen Helfer in der Landwirtschaft) und dass Rückstände der Produkte in unsere Nahrung gelangen können. 

Dank der Paarungsstörung kann man auf vielen Flächen den Einsatz von Insektiziden reduzieren und Nützlinge schützen. In Obstplantagen mit Birnen-, Apfel- oder auch Pfirsichbäumen werden sie heute häufig eingesetzt. Im Weinbau ist es gelungen, die Populationen von zwei wichtigen Schädlingen zu kontrollieren: Der Einbindige Traubenwickler und der Bekreuzte Traubenwickler sind kleine Nachtfalter, deren Raupen sich von Trauben ernähren und grosse Ernteverluste verursachen können. Dank der Arbeit von Agrarwissenschaftler:innen können Winzerinnen und Winzer heute auf Pflanzenschutzmittel verzichten, um die Populationen dieser beiden traubenfressenden Schmetterlinge zu kontrollieren.

Text : Redaktion SimplyScience.ch

Quellen:
(1) Agroscope. 2011. 25 ans de confusion sexuelle en Suisse.
(2) BASF. 2023. Confusion sexuelle – Protection des vergers.
(3) M. Gayrard, F. Berger et Ph. Delval. EcophytoPIC. 2018. Pratiquer la confusion sexuelle.
(4) INRAE. 2016. 1974-1995 / Mise au point de la confusion sexuelle pour protéger les vignobles.
(5) Institut français de la vigne et du vin Occitanie. 2023. La confusion sexuelle. IFV Occitanie.
(6) Laura Ehman. 2019. Understanding variable rate mating disruption.
(7) Phéromone. 2023. In Wikipédia.
(8) Cochylis. 2023. In Wikipédia.

Erstellt: 12.04.2024
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