Portraits

Luke Bax, Umweltschützer und Schlangenfänger

Schlangenfänger Luke Bax

Luke Bax hat mit dem Schlangenhaken eine Kapkobra eingefangen und fixiert mit der anderen Hand ihren Schwanz. Der Nackenschild der Kobra ist gut sichtbar. © Luke Bax

Schlangenfänger – das soll ein Beruf sein? Durchaus, auf jeden Fall in Südafrika. Denn dort gibt es verschiedenste Schlangen, giftige und ungiftige, grosse und kleine, dicke und dünne. Immer wieder finden sie ihren Weg in Gärten, Parks oder Häuser, zum Unmut der Bewohner. Dann kommt der 24-jährige Luke Bax ins Spiel. Der passionierte Kletterer fängt die Schlange, legt sie vorsichtig in eine Kiste und lässt sie in einem nahegelegenen Naturgebiet wieder frei.

Wenn Luke Bax’ Telefon klingelt, sieht die Situation meist folgendermassen aus: Jemand hat plötzlich eine Schlange auf dem Baum im Garten entdeckt und weiss nicht, was er tun soll. Ist die Schlange giftig? Greift sie mich an? Wie kommt sie vom Baum runter? Dann rückt Luke Bax aus, um sich die Schlange genauer anzuschauen. Ausgestattet mit einer Kiste und einem Schlangenhaken (einem Stab ähnlich einem Golfschläger, mit einem Haken am Ende) verschafft sich der Umweltschützer einen Überblick über die Situation. Schnell ist klar, dass es sich bei der Schlange auf dem Baum um eine Kapkobra handelt. Diese Schlange ist hochgiftig, ihr Biss injiziert eine Dosis Gift, die sechs Menschen töten könnte.

„Die Leute fragen mich oft, ob ich verrückt sei“

Um die Kapkobra unbeschadet vom Baum herunterzubekommen, muss eine Leiter her. Niemand will sie festhalten, und so balanciert Luke alleine mit dem Schlangenhaken in der einen Hand die Leiter hinauf. Oben angekommen ergreift er den Schwanz der Schlange und stabilisiert ihren Kopf mit dem Haken. So kann er sie die Leiter hinuntertragen und ruhig in die Kiste legen, bevor der Deckel darauf kommt. Nun ist es Lukes Aufgabe, die Schlange in einem Radius von 20 km in einem natürlichen Umfeld freizulassen. Dadurch werden keine Parasiten auf Schlangen in anderen Gebieten übertragen, und das Tier ist immer noch in seinem natürlichen Habitat.

Puffotter auf zwei Schlangenhaken

Der studierte Umweltschützer und Schlangenfänger Luke Bax hält eine Puffotter mit zwei Schlangenhaken. © Luke Bax

Nicht jede Schlange kann auf diese Art gefangen werden. Die Puffotter beispielsweise ist so schnell, dass man sie auf keinen Fall direkt am Schwanz festhalten darf. Hierfür braucht man also zwei Schlangenhaken. Mit dem einen stabilisiert man den Schwanz und mit dem anderen den Kopf. Die Puffotter ist die am schnellsten zuschlagende Schlange der Welt. Rein theoretisch könnte sie einem Auto, das mit 120 km/h vorbeifährt, zwei Mal in den selben Reifen beissen. Die ungiftige Maulwurfsnatter hingegen kann einfach ohne einen Schlangenhaken aufgehoben werden.

Neben den giftigen gibt es natürlich auch ungiftige Schlangen. Auch diese werden von Luke Bax eingefangen und an einem ruhigeren Ort freigelassen. Seine Arbeit erstreckt sich mehrheitlich auf Kapstadt und die nahegelegenen Orte. Entgegen vielen Annahmen greifen Schlangen nicht einfach einen Menschen an. Dies passiert nur, wenn sie sich extrem bedroht fühlen, denn Schlangen sind ängstliche Tiere und wollen dem Menschen nicht begegnen. Die meisten Schlangenbisse erleiden Menschen an Händen und Füssen, was darauf hinweist, dass auf die Schlange getreten wurde oder versucht wurde, die Schlange hochzuheben.

Schlangen haben keine Ohren, aber sie nehmen Vibrationen mit Hilfe ihres Magens wahr. Starke Vibrationen sind für Schlangen sehr unangenehm. Da unsere Häuser voll sind von Geräten, die Vibrationen aussenden, sind sie für die Schlangen ein äusserst ungemütlicher Ort. Gärten hingegen weisen oft warme und dunkle Plätze auf, die sehr geeignet als Nische für Schlangen sind. Schlangen riechen mit ihrer Zunge; alle kennen das Züngeln der Schlange, welches oft als bedrohlich wahrgenommen wird. Hierbei versucht die Schlange jedoch lediglich, ihr Umfeld über den Geruchssinn wahrzunehmen.

„Ich bin durch Zufall zum Schlangenfänger geworden“

Luke Bax hat Umweltschutz studiert und dabei eine Menge über Pflanzen und Tiere gelernt – von der mikroskopischen über die Ökosystem-Ebene bis hin zum Ressourcen-Management. Es war ein sehr vielseitiges Studium, verbunden mit einem Arbeitseinsatz in einem Naturreservat. Während des Studiums wollte der Südafrikaner seine Freizeit mit Volontariatsarbeit füllen. Ein Freund erzählte ihm vom Schlangenfangen, und so wurde er Teil des Schlangenschutz-Dienstes am Kap. Die Mitarbeiter dieser Stelle klären die Leute über Schlangen auf, halten Vorträge und fangen Schlangen wo nötig.

„Schlangen sind ein unverzichtbarer Teil des Ökosystems“

Puffotter

Eine Puffotter – weit verbreitet im südlichen Afrika. Wenn sie bedroht wird, bläht sie sich auf und stösst typische Knall- und Zischlaute aus. Bild: CanStockPhoto

Wenn Luke nicht bei der Arbeit ist, erklimmt er am liebsten Berge oder Felsblöcke und rennt durch die Natur. Sein Leben dreht sich um die Natur, und er versucht, so viel Zeit wie möglich draussen zu verbringen. Durch seine Arbeit als Schlangenfänger hat er gelernt, Situationen besser einzuschätzen und mit mehr Behutsamkeit anzugehen. Die Schlangen haben ihn gelehrt, dass Aggressionen nicht nötig sind, denn die Tiere geben stetig Warnungen ab, um Konflikte zu vermeiden – bis zum Punkt, an dem die Bedrohung zu gross ist. Schlangen sind nämlich in aller Regel keine aggressiven Tiere und möchten den Menschen nicht beissen; jeder Biss und jede Gift-Injektion kostet sie Energie, die für die Beutejagd benötigt würde. Als Jäger wiederum sind Schlangen wichtiger Teil des Ökosystems; sie nehmen Einfluss auf die Bestände von Vögeln, Nagetieren, Eidechsen und Kröten.

Schlangen Südafrikas

Erstellt: 02.10.2017
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