Dossier

Gentechnik und Ethik

Bild: CanStockPhoto

In rasantem Tempo werden in den Naturwissenschaften neue Methoden entwickelt – die Gentechnik ist ein prominentes Beispiel dafür. Sie hat der Forschung ganz neue Möglichkeiten eröffnet, das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Menschen zu untersuchen und verändern. Inzwischen ist die Gentechnik aus vielen Bereichen in Medizin, Forschung und Industrie nicht mehr wegzudenken.

Chancen und Risiken

Gerade weil die Gentechnik so viele Möglichkeiten bietet, birgt sie neben Chancen auch Risiken. Für gute und verantwortungsvolle Forschung müssen daher die Chancen und Risiken gegeneinander abgewogen werden. Hier kommt die Ethik ins Spiel. Wichtigstes Werkzeug dieser Wissenschaft sind nicht Lineal oder Mikroskop, sondern das Nachdenken und Argumentieren.

Was ist eigentlich „Ethik“?

Ethik ist nicht eine Meinung oder eine Weltanschauung, sondern eine Wissenschaft mit Methoden. Anders als die Physik oder die Biologie, die Fakten messen, ist die Ethik eine Orientierungswissenschaft. Ihr wichtigstes Werkzeug ist nicht ein Lineal oder das Mikroskop, sondern das Nachdenken und Argumentieren. Man sucht Gründe dafür, warum man sich für oder gegen etwas einsetzt. Die Ethik fragt: Wie sollen wir entscheiden und handeln? Die Antwort ist eigentlich einfach: Das Gute ist zu tun! Was aber ist das Gute? Was ist gerecht? Wie kann richtig entschieden werden? Wir haben alle eine Vorstellung davon, was „gut“ ist oder was „gerecht“ bedeutet. Wenn wir im Alltag entscheiden und handeln, orientieren wir uns daran: Wir empören uns über die Umweltverschmutzung, wir spenden Geld für ein Hilfsprojekt oder geben zu, dass wir die Hausaufgaben vergessen haben.

Werte und Normen

Wir orientieren uns dabei an unserer Moral. Mit dem Begriff Moral sind Werte und Normen gemeint, die fast automatisch unsere Urteile und Handlungen im Alltag leiten.

Werte sind Haltungen oder Einstellungen, die nach persönlicher oder gesellschaftlicher Einschätzung als nützlich, bereichernd und angenehm eingestuft werden. Nach diesen Haltungen richten wir unser Verhalten. Es gibt sehr viele verschiedene Werte. Wie sie gewichtet werden, ist von Person zu Person unterschiedlich. Beispiele für Werte sind Ehrlichkeit, Mitgefühl, Umweltschutz, Bequemlichkeit, Gewaltlosigkeit etc. Die Werte helfen uns zu unterscheiden, was wir gut und schlecht finden.

Unter Normen versteht man konkrete Regeln. Es sind Handlungsanweisungen für „gutes“ Verhalten. Sie regeln das menschliche Zusammenleben in einer kleineren oder grösseren Gruppe von Menschen wie einer Familie oder einem Staat. Normen müssen innerhalb der Gruppe befolgt werden. Beispiele für in unserer Gesellschaft gültige Normen sind: Man soll nicht lügen, man soll nicht Tiere quälen, man verschmutzt nicht unnötig die Umwelt.

Trotz der vielen verschiedenen Meinungen will die Ethik Werte und Normen definieren, die für die Allgemeinheit gelten. Sie sind im besten Fall unabhängig von Politik, Traditionen, Religionen und persönlichen Interessen.

Über einige Regeln und Ziele unseres Verhaltens sind sich die meisten Menschen einig. Solche hohe Grundsätze nennt man ethische Prinzipien. Alle kennen das Prinzip der Gerechtigkeit oder das Prinzip, Leiden zu verhindern. Im Grunde ist jeder dafür, dass weder Mensch noch Natur unnötig leiden müssen. Kompliziert wird es erst, wenn diese Prinzipien in einem konkreten Fall angewendet werden. Doch genau darum geht es in der angewandten Ethik.

Ethik und Gentechnologie

Wie kann die Ethik eingesetzt werden, um bei den Anwendungen der Gentechnologie zwischen richtig und falsch bzw. zwischen Risiken und Chancen abzuwägen? Die Ethik sucht gute Gründe für oder gegen ein bestimmtes Handeln. Man formuliert Argumente, die der andere nachvollziehen kann. Er muss nicht unbedingt einverstanden sein. Aber für eine ethische Diskussion braucht es die Bereitschaft, einander zuzuhören und sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen. Auch in der Gentechnologie hat jede und jeder eine persönliche Meinung dazu, was gut und was falsch ist. Wird man nach den Gründen und Argumenten zu seiner Meinung gefragt, muss man oft feststellen, dass man sich weder gut informiert noch gut nachgedacht hat. Die Werkzeuge und Methoden der Ethik helfen dabei.

Die konkreten ethischen Fragen im Bereich der Gentechnologie in Forschung, Medizin und Landwirtschaft werden in den einzelnen Artikeln dieses Dossiers beleuchtet.

Methoden der Ethik

Bei ethisch schwierigen Situationen stehen sich verschiedene Meinungen gegenüber. Es gibt gute Gründe für ein bestimmtes Handeln, aber auch gute Gründe dagegen. Eine klar richtige oder falsche Lösung gibt es nicht.

Forschungsethik

Ingenieurwesen, Medizin und Naturwissenschaften streben an, unsere Lebensqualität zu verbessern. Die Forschungsethik untersucht, ob die Forschung dabei Normen, Werte und Prinzipien wie Gerechtigkeit, Sinn, Verantwortung oder die Bewahrung der Umwelt beachtet.

Ethik und Stammzellen

Embryonale Stammzellen geben Hoffnung auf neuartige Behandlungsmethoden. Doch ihre Gewinnung und Verwendung für die Forschung werden stark diskutiert.

Ethik und Tierversuche

Darf der Mensch zu seinem Nutzen frei über das Tier verfügen? Wer aus ethischer Sicht über Tierversuche sprechen möchte, muss sich über das Verhältnis von Mensch und Tier verständigen.

Grundwerte der Medizinethik

Im Bereich der Medizin treffen wir auch auf grundsätzliche ethische Themen wie das Recht auf Leben und Unversehrtheit.

Ethik und Gentests

Mit Gentests lassen sich Erbkrankheiten unter Umständen bereits diagnostizieren, bevor erste Symptome auftreten.

Ethik und Gentherapie

Manche Krankheiten entstehen, weil ein verändertes Gen fehlerhafte Proteine produziert. In gewissen Fällen kann dann eine Gentherapie in Betracht gezogen werden.

Ethik und grüne Gentechnik

Gentechnik wird auch im Bereich der Pflanzenforschung eingesetzt. In die Debatte um gentechnisch veränderte Nahrungsmittel fliessen zahlreiche Diskussionspunkte bezüglich Landwirtschaft und Welternährung ein.

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