Portraits

Interview mit Thomas Flüeler, Geschäftsführer der SimplyScience Stiftung von 2010–2025

SimplyScience-Team 2025

Das SimplyScience-Team 2025. Vorne, v.l.n.r.: Sarah Menzi, Anne Burkhardt, Chloé Rogg. Hinten: Sabine Kastner, Thomas Flüeler, Alexandra Rosakis. Nicht im Bild: Lia Sartori

Als im Jahr 2010 die SimplyScience Stiftung gegründet wurde, trat Thomas Flüeler, Biologe und Gymnasiallehrer für Naturwissenschaften, die Rolle des Geschäftsführers an. Er baute SimplyScience zu einer bedeutenden nationalen Plattform aus, die nicht nur Online-Inhalte für Kinder, Jugendliche und interessierte Erwachsene produziert und Lernmedien für den naturwissenschaftlichen Unterricht veröffentlicht, sondern sich auch durch die Vernetzung von Akteuren aus Bildung und Wirtschaft für die Nachwuchsförderung engagiert.

Fünfzehn Jahre später gibt Thomas Flüeler den Stab weiter an Alexandra Rosakis, die seit 2013 als Projektleiterin, Redaktorin und Illustratorin den Inhalt und Auftritt der Stiftung mitgeprägt hat. In diesem Interview blickt er auf seine Zeit bei SimplyScience zurück.

Thomas Flüeler, Sie waren seit 2010 Geschäftsführer der Stiftung. Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Tage?

Ich war damals Schulleiter und zusammen mit Beat Moser, dem ehemaligen Direktor von scienceindustries, im Vorstand der Nachwuchsinitiative „Jugend und Wirtschaft“. Als ich ihm von meinen Plänen einer Neuorientierung berichtete, fragte er mich spontan an, ob ich allenfalls Interesse hätte an der Geschäftsführung der sich in Gründung befindenden SimplyScience Stiftung. Ich musste nicht lange überlegen: Von Schulleitungsaufgaben in den Bereich „Science Education“ zurückzukehren hat mich sehr motiviert, und der Naturwissenschaftler in mir sagte diesem Jobangebot mit grosser Freude zu.

Was hat Sie damals motiviert, die Aufgabe zu übernehmen?

Die Möglichkeit, mich wieder vermehrt mit den Basics der Naturwissenschaftsförderung auseinanderzusetzen! Kinder und Jugendliche für experimentelle Naturwissenschaften zu motivieren war mir schon immer wichtig. Auch die Schulen sollten in den Naturwissenschaften noch vermehrt den Fokus auf praxisorientierte Inhalte legen und weniger Energie und Zeit investieren in aufwändige Diskussionen um die Neugestaltung von Lehrplänen oder die Einführung neuer Fächer. Nicht das WAS, sondern das WIE ist ausschlaggebend in der „Science Education“.

Was war das ursprüngliche Ziel der Stiftung? Hat sich daran im Kern etwas verändert?

Die Ziele der Stiftung sind immer noch dieselben und haben an Aktualität nichts eingebüsst: Schulen und Industrie einander näherbringen, das Interesse an naturwissenschaftlichen Themen in der Gesellschaft wecken und schärfen und damit den Weg für die Rekrutierung von motivierten Nachwuchskräften für unsere Mitgliedsunternehmen ebnen.

Wie hat sich die Stiftung in diesen 15 Jahren verändert – organisatorisch und inhaltlich? Was ist gleich geblieben?

Ich durfte mit meinem Team in den vergangenen 15 Jahren in einem stabilen Umfeld mit einem stets wohlwollend agierenden Stiftungsrat zahlreiche Projekte entwickeln und umsetzen. Alle Projekte sind bis heute in der einen oder anderen Form im Einsatz – noch nie hat SimplyScience ein Projekt „eingestampft“ und beendet. Somit sind die über viele Jahre investierten Gelder nachhaltig in diversen Bildungsprojekten investiert.

Gibt es bestimmte Meilensteine oder Projekte, die Sie als besonders prägend für die Stiftung ansehen?

Wichtige Meilensteine in der Geschichte der SimplyScience Stiftung

Besonders prägend über die Jahre hinweg waren dabei der Aufbau von SimplyScience in der Romandie und der italienischsprachigen Schweiz und die damit verbundene Weiterentwicklung einer einzigartigen Webseite, die Durchführung des nationalen Klassenwettbewerbs Science on the Move und diverser Klassenwettbewerbe mit Primarschulen, die Entwicklung der Lernmedien SimplyNano und Chemie für dich und mich sowie die Präsenz an zahlreichen Messen und Ausstellungen.

Was sind die Stärken der Stiftung im Vergleich zu anderen Initiativen im MINT-Bereich?

Die Stärken der SimplyScience Stiftung liegen in ihren Mitarbeiterinnen, die in einem wohlwollenden Umfeld des Wirtschaftsverbandes scienceindustries qualitativ hervorragende Arbeit leisten und wissenschaftlich fundierte, verlässliche und nachhaltig MINT-Projekte umsetzen.

Die dynamischen Wechsel im Stiftungsrat führten immer wieder zu neuen Inputs – es gab nie verkrustete Strukturen bei SimplyScience, und die Mittel wurden stets effizient und zielbringend eingesetzt.

Die SimplyScience Stiftung ist eine der wenigen Institutionen, die sich der Vermittlung von Kontakten zwischen Schulen und Industrie widmet – ein für das Gedeihen unserer Wirtschaft nicht zu unterschätzender Umstand!

Die Webseite SimplyScience.ch ist einzigartig: hochwertige, werbefreie (!) wissenschaftliche Inhalte stehen interessierten Besuchern kostenlos (!) zur Verfügung.

Die nationalen Klassenwettbewerbe auf Primar- und Sek-II-Stufe wirken sehr motivierend auf Jugendliche und füllen eine Lücke – sozusagen ein Unique Selling Point für SimplyScience.

Gelebte Interdisziplinarität bei „SimplyNano“ und „Chemie für dich und mich“: Biologie, Chemie und Physik werden als Naturwissenschaften interdisziplinär vermittelt, und das stets in Erfüllung des Forscherzyklus: experimentieren, beobachten, entdecken, dann beschreiben und schliesslich erklären und begründen. MINT wird rückwärts praktiziert ... Forschung beginnt mit praktischer Begegnung in Technik und Naturwissenschaften, zur Beschreibung und Erklärung werden Informatik und Mathematik beigezogen. Es müsste deshalb TNIM heissen und nicht MINT! ;-)

Neben SimplyScience gibt es noch viele andere wertvolle MINT-Initiativen in der Schweiz. Hervorheben möchte ich das MINT-Labor von Lonza in Visp, wo Industrie vorbildlich zusammen mit Politik und Schulen für die jungen Menschen beste Arbeitsbedingungen schafft und zukunftsweisende, moderne Jobs anbietet.

Wie haben sich die Herausforderungen im Laufe der Jahre verändert?

Es gibt mehr MINT-Initiativen als vor 15 Jahren – die Entwicklung läuft in die richtige Richtung – aber der Bedarf an Unterrichtsmaterialien an den Primar- und Sekundarstufen I ist immens und nur ungenügend durch öffentliche Mittel abgedeckt.
Ein Teil der Gesellschaft stellt sich naturwissenschaftlichen Themen zunehmend kritisch gegenüber und ist sehr empfänglich für sich im Netz verbreitende Falschnachrichten, Versprechungen und Verschwörungstheorien. Die grossen Fortschritte in Medizin, Technik und Kommunikation sind naturwissenschaftliche Errungenschaften, die für viele Menschen auf zunehmend unüberschaubaren Zusammenhängen beruhen.

Was wünschen Sie der Stiftung für die Zukunft?

Für die Zukunft wünsche ich mir eine SimplyScience Stiftung, die noch vermehrt Schulen und Industrie zusammenbringt, den jungen Menschen Berufsmöglichkeiten in der Industrie aufzeigt und ihnen in der Schulzeit den praktischen und wissenschaftsbasierten Zugang zu MINT-Themen eröffnet.

Eine gewagte These: 50% der Gymnasiasten wären glücklicher in einer Berufslehre!
Ich wünsche mir für die Zukunft mehr 16-Jährige in „Hands-on-Jobs“ und weniger auf der „ewigen“ Schulbank – das duale Bildungssystem lässt ein Fachstudium auch nach der Lehre zu, und das wäre m.E. für viele Jugendliche der „Königsweg“.

Zum Schluss möchte ich allen Mitwirkenden der SimplyScience Stiftung von Herzen für ihre stets entgegenkommende und zielorientierte Unterstützung danken und speziell meinem treuen Team in Zürich und Lausanne meine grösste Wertschätzung ausdrücken – sie haben all die Jahre hinweg eine herausragende Arbeit geleistet und SimplyScience zu einer schweizweit anerkannten Nachwuchsförderungsinitiative entwickelt.

Erstellt: 16.09.2025
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