Tiere & Pflanzen

Von Blüte zu Blüte

Kolibri an einer roten Blüte

Mit seinem langen Schnabel gelangt der Kolibri an den Nektar tief unten in der Blüte – und nimmt beim Weiterflug auch gleich den Pollen der Pflanze mit. Bild: CanStockPhoto

Hast du Heuschnupfen? Dann weisst du wahrscheinlich, dass dieser vom Blütenstaub gewisser Pflanzen ausgelöst wird. Blütenstaub, oder Pollen, wird zwischen den Blüten ausgetauscht, damit sich Samen bilden können und die Pflanze sich vermehrt. Zur Verbreitung des Pollens nutzen Pflanzen ganz unterschiedliche, raffinierte Methoden. Einige vertrauen auf den Wind, aber sehr viele lassen ihren Blütenstaub von Tieren transportieren, vor allem von Insekten.

Pflanzen verbreiten sich mit Hilfe von Samen. Samen entstehen, wenn die sogenannte „Narbe“ einer Blüte, also der weibliche Blütenteil, durch Pollenkörner bestäubt und befruchtet wird. Aber wie genau die Pollenkörner zu anderen Blüten gelangen, ist bei verschiedenen Pflanzengruppen ganz unterschiedlich.

Männliche und weibliche Blüten eines Haselstrauchs

Die langen, hängenden Kätzchen der Hasel setzen bei Wind grosse Mengen Blütenstaub frei. Er wird von den klebrigen roten Narben der weiblichen Blüten aufgefangen. Bild: Antti Bilund/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Viel Pollen, etwas Wind und eine Portion Zufall

Kennst du die gelb-grünen, hängenden Blütenstände des Haselstrauchs, die sogenannten Kätzchen? Dies sind die männlichen Blüten, aus denen sich beim geringsten Luftzug der Blütenstaub löst. Die unscheinbaren weiblichen Blüten haben klebrige rote Narben und fangen den vom Wind verteilten Blütenstaub auf. Ähnlich wie die Hasel lassen sich auch viele andere Pflanzengruppen vom Wind bestäuben. Nadelbäume und Gräser (dazu gehören auch Getreide und Mais), aber auch Laubbäume wie Weide, Erle oder Birke wenden diese Strategie an. Das hat aber auch Nachteile: Denn es ist reiner Zufall, wo die Pollenkörner landen. Damit genügend Pollen tatsächlich zu weiblichen Blüten derselben Pflanzenart gelangt, müssen windbestäubte Pflanzen riesige Mengen von Blütenstaub produzieren. Das 8 cm lange Kätzchen eines Haselstrauchs enthält bis zu 2 Mio. Pollenkörner!

Weil zur Blütezeit von Haselsträuchern, Birken und Gräsern so viel Pollen in der Luft herumgewirbelt wird, gibt es auch so viele Menschen, die genau auf diese Sorten von Blütenstaub mit Heuschnupfen und anderen Allergien reagieren. Honigbienen allerdings profitieren vom Pollenreichtum der Haselsträucher: Zu einer Jahreszeit, in der kaum andere Pflanzen blühen, ist Haselpollen eine wichtige Nahrungsgrundlage für sie.

Punktgenaue Landung dank Insekten

Im Lauf der Evolution hat sich eine zweite Strategie zur Bestäubung entwickelt: Die meisten heutigen Pflanzen verlassen sich auf Tiere als Bestäuber. Als erstes Beispiel fallen einem natürlich die Bienen ein, die fleissig von Blüte zu Blüte fliegen, Nektar und Pollen einsammeln und gleichzeitig Pollen zur nächsten Pflanze transportieren. Ohne sie könnten zahlreiche Pflanzen, zum Beispiel die Obstbäume, keine Früchte und Samen bilden – und es gäbe keinen Honig!

Für die Pflanzen sind jedoch die vielen verschiedenen Wildbienen noch wichtiger als die vom Menschen gezüchteten Honigbienen. Wildbienen sind perfekt an unterschiedliche Lebensräume und Klimabedingungen angepasst. Genau wie nicht alle Pflanzen im gleichen Monat blühen, sind auch nicht alle Wildbienen zur gleichen Zeit unterwegs und auf Nahrungssuche.

Schau dir auch unsere Bildergalerie der verschiedenen Wildbienen an!

Mit der Zeit haben sich bestimmte Pflanzen und Bestäuber immer besser aneinander angepasst: Die Pflanzen kennzeichnen ihre Blüten mit Signalen, welche die Bestäuber anlocken, und die Bestäuber gelangen mit spezialisierten Mundwerkzeugen direkt an den begehrten Nektar. Aus Funden von fossilen Pflanzen und Insekten kann man herauslesen, dass diese gegenseitige Anpassung von Insekten und Blütenpflanzen schon zu Zeiten der Dinosaurier begann.

Nahaufnahme einer Elefantenspitzmaus auf braun-rotem Stein

Einige Arten von südafrikanischen Elefantenspitzmäusen fressen Nektar und dienen den Pflanzen dabei als Bestäuber. Bild: Andrew Keys/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Kolibris, Fledermäuse und Spitzmäuse

Bienen sind aber nicht die einzigen tierischen Bestäuber! In Europa sind es vor allem Insekten, die den Pflanzen als „Blütenstaub-Transporter“ dienen. Dazu gehören neben den verschiedenen Bienen zum Beispiel Schmetterlinge und Hummeln. Diese können mit ihren langen Rüsseln besonders gut den Nektar von tiefen Blüten erreichen. Aber auch Motten, Käfer und gewisse Wespen sind als Bestäuber aktiv. In den Tropen und Subtropen ist die Vielfalt von Bestäubern noch grösser: Stark duftende Blüten, die sich nachts öffnen, ziehen Fledermäuse an, Kolibris und Passionsblumen sind perfekt aneinander angepasst, und in Südafrika erfolgt die Bestäubung mancher Blüten durch die Elefantenspitzmaus.

Schon gewusst?

  • Durchschnittlich 30 kg Honig hat ein Bienenvolk in der Schweiz im Jahr 2020 produziert. Eine einzelne Biene müsste schätzungsweise 500 Jahre für ein Glas Honig arbeiten!
  • Sind Balkonpflanzen eine gute Nahrungsquelle für Bienen? Nicht alle! Einige beliebte Blumen – wie die Geranie – wurden so gezüchtet, dass sie zwar grosse Blüten hervorbringen und lange Blühen, aber keinen Pollen und Nektar mehr produzieren. Bienen finden hier also nichts zu essen. Lavendel hingegen bietet ideales „Bienenfutter“.
  • In China gibt es teilweise nur noch so wenige Bestäuber-Insekten, dass Menschen die Obstbäume von Hand bestäuben. Sie können das aber viel weniger gut: Um ein einziges Bienenvolk zu ersetzen, würde es etwa 1’500 Arbeiter brauchen!
  • Aasgeruch, also der Geruch von toten Tieren … igitt. Aber manche Käferarten lieben ihn! Manche Pflanzen produzieren daher einen sehr strengen Geruch anstelle von süssem Blumenduft. Sie ziehen damit Käfer an, die für die Bestäubung sorgen. Spektakulärstes Beispiel ist die auf Sumatra heimische Titanenwurz.
  • Bienen finden blau-violette Blüten besonders attraktiv. Manche Blüten haben sogar Muster in ultra-violetten Farben, die wir Menschen von Auge gar nicht sehen können – die Bienen aber schon!
Erstellt: 10.03.2021
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