Technik & Materialien

Mit Hightech Todesfälle klären

Die Daten lassen sich in der 3D-Darstellung beliebig kombinieren

Die Daten lassen sich in der 3D-Darstellung beliebig kombinieren und auch für medizinische Laien verständlich darstellen.

Wenn Menschen an einer unbekannten Krankheit sterben oder an einem Verbrechen, werden sie in der Gerichtsmedizin untersucht. Ein neues Verfahren ermöglicht nun, diese Leichen virtuell zu untersuchen – ein Ansatz, der gerade bei der Klärung von Verbrechen hilfreich ist.

Ein Mann, bei dem nicht ganz klar ist, ob er wirklich an einem Herzinfarkt gestorben ist; eine Frau, die vermutlich Opfer eines Verbrechens wurde; ein Jugendlicher, der nach einem Velounfall im Spital verstarb. Solche Fälle werden am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich untersucht. Rund 450 Leichen sind es jedes Jahr, die von den Gerichtsmedizinern genauer unter die Lupe genommen werden um herauszufinden, warum und wie die Betroffenen gestorben sind.

Hightech ersetzt Handarbeit

Früher wurden diese Leichen von den Spezialisten eigenhändig untersucht. Wenn nötig, wurden die Körper wie bei einer Operation geöffnet, um die genauen Umstände des Todes zu erfahren. Das hat sich inzwischen geändert: Seit einigen Jahren kommt in Zürich eine völlig neue Technologie zum Einsatz, die Michael Thali, Professor für Rechtsmedizin, mit seinem Team an der Universität Bern und der Universität Zürich entwickelt hat. Die Verstorbenen werden dabei mit einer virtuellen Autopsie untersucht. «Virtopsy » nennt sich das Verfahren, bei dem eine Reihe von verschiedenen High-Tech-Geräten eingesetzt wird.

Für eine virtuelle Autopsie werden die Leichen mit einer Stereokamera von aussen abgescannt

Für eine virtuelle Autopsie werden die Leichen mit einer Stereokamera von aussen abgescannt. Dadurch lässt sich nachweisen, mit welchen Gegenständen Verletzungen wurden.

Vereinfacht gesagt werden die Leichen bei einer virtuellen Autopsie in zwei Schritten untersucht: Zunächst werden die toten Körper von aussen abgescannt. Dazu wird eine Stereokamera mit einem ferngesteuerten Roboterarm über die Oberfläche des toten Körpers bewegt. Anhand dieser Aufnahmen können die Gerichtsmediziner dann im Computer ein dreidimensionales Bild der Leiche erzeugen, auf dem sämtliche äusseren Spuren zu sehen sind. Man erkennt beispielsweise auf diesen Bildern Profilabdrücke von Pneus oder Narben von Verletzungen, die durch Gegenstände zugefügt wurden.

Genauer Blick ins Innere

In einem zweiten Schritt werden die Leichen mit bildgebenden Verfahren untersucht, wie sie üblicherweise in der «normalen» Medizin eingesetzt werden. Diese Verfahren erlauben es, das Innere des Körpers dreidimensional zu erfassen. Die Aufnahmen aus diesem zweiten Schritt zeigen beispielsweise, ob gewisse Organe durch eine Krankheit verändert wurden und damit beim Tod eine Rolle gespielt haben könnten, oder welche Knochen bei einem Unfall gebrochen sind. Damit nicht genug: Bei Bedarf können die Gerichtsmediziner mit einem Kontrastmittel auch die Blutgefässe im Körper sichtbar machen. So können beispielsweise bei einem Verdacht auf Herzinfarkt Verengungen der Herzkranzgefässe sichtbar gemacht werden. Die Aufnahmen zeigen auch, ob es nach einem Unfall innere Blutungen gab, die den Tod verursacht haben könnten.

«Die virtuelle Autopsie wird heute an unserem Institut routinemässig eingesetzt», erklärt Michael Thali. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die virtuelle Autopsie liefert ein dreidimensionales Abbild der Leiche, so dass gerichtsmedizinische Befunde in einem Gerichtsverfahren allen Beteiligten anschaulich vermittelt werden können. Da die Daten gespeichert werden, können offene Fragen auch dann noch geklärt werden, wenn die Leiche schon längst bestattet ist. «Wir können die Bilder der Leiche auch mit Aufnahmen von Gegenständen kombinieren und so zum Beispiel zeigen, ob eine Verletzung wirklich mit dem vermuteten Gegenstand verursacht wurde oder nicht », ergänzt Thali. «Gerade wenn es um die Aufklärung eines Verbrechens geht, sind solche Rekonstruktionen äusserst hilfreich.»

Bildgebende Verfahren

Mit Hilfe von bildgebenden Verfahren lassen sich nicht-sichtbare Eigenschaften von Gegenständen bildlich darstellen. Eines der bekanntesten bildgebenden Verfahren ist die Röntgenaufnahme: Von aussen bestrahlt man eine Körperstelle mit Röntgenstrahlen und misst dann, wie stark diese Strahlung absorbiert wird. Da normales Gewebe Röntgenstrahlen weniger stark absorbiert als Knochen, lässt sich so die Struktur des Skeletts von aussen sichtbar machen.

In der Medizin und Rechtsmedizin werden heute eine Reihe von ausgeklügelten bildgebenden Verfahren eingesetzt, um die inneren Strukturen des Körpers sichtbar zu machen. Die Computertomographie etwa nutzt ebenfalls Röntgenstrahlen, um ein Bild des Körpers herzustellen, während die Magnetresonanztomografie den Körper mit Magnetfeldern untersucht. Auch Ultraschallwellen werden eingesetzt, um Organe sichtbar zu machen. Für die modernen bildgebenden Verfahren werden leistungsfähige Messgeräte eingesetzt, die den Körper präzise bestrahlen und die Signale differenziert registrieren. Dabei fallen grosse Mengen an Daten an, die mit hochspezialisierter Software ausgewertet werden müssen. Anhand dieser Daten können dann dreidimensionale Bilder des Körpers hergestellt werden, die im Computer weiterverarbeitet werden können.

Text: SATW / Felix Würsten

Bilder: Virtopsy.com

Quelle: Technoscope 3/11: Virtuelle Realität

Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche

Erstellt: 04.02.2013

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