Körper & Gesundheit

Je saurer, desto tiefer der pH – oder doch nicht?

Auf Zitronensäure reagiert unser Geschmackssinn sofort

Auf Zitronensäure reagiert unser Geschmackssinn sofort! Bild: Ji Zhou/Shutterstock.com

Brrrr – reinen Essig oder Zitronensaft trinkt kaum jemand freiwillig. Tatsächlich hat Essig jedoch etwa denselben pH-Wert wie bestimmte Süssgetränke oder Energy Drinks. Stimmt da etwas nicht mit dem Zusammenhang von Säure und pH-Wert?

In der Chemie nennt man einen Stoff "Säure", der im Wasser Protonen abgibt und daher einen tiefen pH-Wert hat. Den Geschmack "sauer" nehmen wir im Mund war, weil wir dafür spezialisierte Geschmackszellen auf der Zunge haben. Diese Geschmackszellen sind durchlässig für Säureteilchen. Je mehr Säureteilchen in die Geschmackszellen eindringen, desto saurer schmeckt für uns die eingenommene Nahrung.

In den Geschmackszellen gibt es "Sauer-Sensoren"

Hier kommt der pH-Wert wieder ins Spiel: Innerhalb der Geschmackszelle gibt es nämlich Proteine, die ganz genau registrieren, wenn sich der pH-Wert in der Zelle auch nur ein klein bisschen verändert (das heisst, wenn sich in der Zellflüssigkeit die Zahl an Protonen verändert). Dann lösen sie einen Reiz aus, der über Nerven zum Gehirn gesendet wird. Wenn keine Säureteilchen in die Zelle eindringen könnten, würde also auch keine Empfindung eines sauren Geschmacks entstehen.

Nicht alle Säuren lösen dieselbe Reaktion aus

Es gibt sogenannte organische Säuren wie Essigsäure, Zitronensäure oder Milchsäure, und anorganische Säuren wie Salzsäure, Phosphorsäure oder Schwefelsäure. Die organischen Säuren (wie im Essig) gelangen besser in die Geschmackszellen hinein und wirken somit saurer, obwohl im Mund genau der gleiche pH-Wert (Säurestärke) herrscht. Unsere Empfindung wird so etwas verfälscht. Als Beispiel: Essigsäure nehmen wir bereits ab einem pH-Wert von 4 als sauer wahr, Salzsäure jedoch erst ab pH 2 (was 100-mal so sauer ist).
Zitronensäure ist die am häufigsten verwendete Säure in Süssgetränken. Sie ist auch eine organische Säure, löst jedoch weniger starke saure Geschmacksempfindungen aus als z.B. Essigsäure. Cola enthält ausserdem die anorganische Phosphorsäure, die zum tiefen pH beiträgt (aber nicht wesentlich sauer schmeckt) – und ausserdem jede Menge Zucker oder Süssstoffe, um die Geschmacksknospen von der Säure abzulenken!

Ganz so einfach ist es also nicht mit dem Zusammenhang von pH-Wert und saurem Geschmack! Auch sind die genauen Vorgänge in den Geschmackszellen, die Säure wahrnehmen, noch lange nicht abschliessend erforscht. Es wird beispielsweise noch daran gearbeitet, die Übertragung des Reizes auf die Nerven genauer zu verstehen.

Weitere Quelle: Stephen D. Roper: Signal transduction and information processing in mammalian taste buds. In: Pflugers Arch Bd. 454, Nr. 5, 2007, ISSN 1432-2013, S. 759–776 (PDF; 0,6 MB) PMID: 17468883

Erstellt: 25.01.2013

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