Portraits

Ramun Schmid, Elektroingenieur: Algorithmen für das Wohl der Patienten

Ramun Schmid, Elektroingenieur (Bild: SATW / Franz Meier).

Ramun Schmid, Elektroingenieur. Bei seiner Arbeit an Messgeräten für das Gesundheitswesen schätzt er das Zusammenspiel von Mensch und Technik. Bild: SATW/Franz Meier

Ramun Schmid ist Elektroniker und bildete sich zum Elektroingenieur weiter. Heute programmiert er die Signalverarbeitung von Messgeräten zur Überwachung von Patienten. Damit hilft er den Ärzten, Notfälle rasch zu erkennen.

Ramun Schmid überprüft den Defibrillationsimpuls eines Defibrillators (Bild: ©SATW / Franz Meier).

Ramun Schmid überprüft den Defibrillationsimpuls eines Defibrillators. Bild: SATW/Franz Meier

Ich habe schon an der Kanti in Zug gemerkt, dass Sprachen nicht so mein Ding sind und mir Mathe und Physik besser liegen. Die Lehre als Elektroniker war deshalb naheliegend; zumal mich elektronische Geräte schon immer faszinierten. Ich fand dann eine Lehrstelle bei Siemens in Zug. Vor allem die beiden letzten Lehrjahre haben mir sehr gefallen: Ich konnte im Betrieb mitarbeiten und faustgrosse Geräte für die Gebäudesteuerung testen und in Betrieb nehmen.

Währenddessen wurde mir zum ersten Mal bewusst: Die Hauptfunktionalität vieler Geräte liegt nicht in der Hardware, also dem technischen Gerät selbst, sondern in der Software und damit in der Programmierung des Innenlebens. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mich nicht gross für Computer interessiert. Nun verstand ich aber: Wollte ich mich beruflich weiterentwickeln, so würde ich nicht ums Programmieren herumkommen.

Den Dingen auf den Grund gehen

An der Bestückungsmaschine Bild ©SATW / Franz Meier

An der Bestückungsmaschine werden die elektronischen Bauteile eines Defibrillators auf einer Platine platziert, bevor sie verlötet werden. Bild: SATW/Franz Meier

Nach einem Jahr als Elektroniker bei Siemens schrieb ich mich für ein Studium in Elektrotechnik an der Hochschule für Technik in Rapperswil ein. Damals hatte ich noch keine genaue Vorstellung, was mich an der Fachhochschule erwarten würde. Schliesslich bildeten physikalische und mathematische Grundlagen sowie die Software-Programmierung die Schwerpunkte des Studiums.

Am meisten begeisterte mich, dass ich zum ersten Mal eine Ahnung davon erhielt, was mit Technik alles möglich ist. Es gibt nämlich dermassen viele unterschiedliche Fachgebiete. Das sieht man schon nur bei einem gewöhnlichen Handy: Damit aus all den Einzelteilen ein Gerät wird, mit dem man telefonieren, im Internet surfen und fotografieren kann, braucht es Know-how aus Mathematik, Mikro- und Hochfrequenzelektronik, Physik sowie Informatik.

All das sind für sich genommen schon riesige Fachgebiete. Deshalb braucht es die Zusammenarbeit von vielen, kompetenten Leuten, damit am Ende ein Gerät wie das Handy überhaupt funktionieren kann. Solche Herausforderungen weckten meine Neugier und ich wollte den Dingen fortan auf den Grund gehen. Deshalb habe ich nach dem dreijährigen Bachelor gleich noch das dreisemestrige Masterstudium angehängt. Dort vertieft man sich in einem spezifischen Gebiet. Bei mir war es die digitale Signalverarbeitung.

Mit schlauen Algorithmen Herzsignale analysieren

3D-Drucker für den Druck von Biomaterialien (Bild ©SATW / Franz Meier)

Programmieren, Simulieren, Auswerten, Dokumentieren – Die Signalverarbeitung bringt viel Arbeit am Computer mit sich. Bild: SATW/Franz Meier

Signale verarbeiten ist eigentlich etwas sehr natürliches. Wir Menschen nehmen über unsere Sinne – eine Art von Sensoren – ständig Signale, zum Beispiel Töne oder visuelle Reize, aus der Umwelt auf, und verarbeiten diese über unser Hirn. Ähnlich funktioniert das auch bei der digitalen Signalverarbeitung in technischen Geräten. Dafür werden Sensoren mit intelligenter Software kombiniert. In diesem Bereich arbeite ich heute bei der Firma Schiller in Baar.

Wir produzieren in erster Linie Geräte zum Aufzeichnen von Elektrokardiogrammen, sogenannte EKGs. Damit werden bei Patienten die elektrischen Signale der Herzmuskelfasern gemessen. In einem Dreierteam programmiere ich Software, die solche Messsignale analysiert und die nicht-relevanten Signale herausfiltert.

Darüber hinaus soll die Software die Signale auch gleich interpretieren helfen und so dem Arzt über den Bildschirm des EKG-Geräts wertvolle Angaben zur Gesundheit des Patienten liefern. Bestimmte mathematische Algorithmen erlauben es uns zum Beispiel, extrem detailliert in die Signalaufzeichnung des Herzschlags hinein zu "zoomen", wie das kein menschliches Auge könnte. Unsere Algorithmen erkennen dann bestimmte Muster, die den Arzt bei der Diagnose von Krankheiten unterstützen.

Noch lange nicht ausgelernt

Ein automatischer externer Defibrillator wird in Betrieb genommen (Bild ©SATW / Franz Meier).

Ein automatischer externer Defibrillator wird in Betrieb genommen. Bild: SATW/Franz Meier

Was mir bei meiner Tätigkeit ausgesprochen gefällt, ist das Zusammenspiel von Mensch und Technik. In der Theorie können wir mit mathematischen Modellen vieles lückenlos erklären. Doch sobald unsere Programmierungen dann mit der Realität im Spitalalltag konfrontiert werden, funktioniert plötzlich vieles nicht mehr wie gedacht.

Ich bin nun seit eineinhalb Jahren in diesem Team, doch vom Gefühl her habe ich dort erst gerade begonnen. Denn speziell in der Medizintechnologie braucht es viel Zeit, um sich einzuarbeiten. Schliesslich müssen wir nicht nur die Technik, sondern immer auch den Patienten im Kopf behalten. Ich habe hier also sicherlich noch lange nicht ausgelernt.

Ausbildung

Interessierst Du Dich für eine Ausbildung im Bereich Technik und Gesundheit? HIerfür stehen Dir viele Möglichkeiten offen.

Die ETH Zürich hat 2011 den Studiengang "Gesundheitswissenschaften und Technologie" eingeführt – mit grossem Erfolg. 2012 haben 217 Studierende diesen Studiengang gewählt. Nach Maschineningenieurwissenschaften und Architektur gehört er zu den meist gewählten Studiengängen der ETH Zürich. Vertiefungsmöglichkeiten sind: Bewegungswissenschaften und Sport, Gesundheitstechnologien, Neurowissenschaften und molekulare Gesundheitswissenschaften.

Die EPFL führt den Studiengang "Ingénierie des sciences du vivant". Dieser liegt an der Schnittstelle zwischen Biologie, Medizin und Ingenieurwissenschaften. Bioengineering und Neurowissenschaften sind Vertiefungsmöglichkeiten im Master. Medizintechnik wird im Studiengang Mikrotechnik angeboten.

Mehrere Fachhochschulen bieten eine Ausbildung in Life Sciences an. Suche nach "Life Sciences" auf berufsberatung.ch

Quelle: Technoscope 2/13: Technik für die Gesundheit. Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche
Alle Artikel dieser Technoscope-Ausgabe sind im Dossier "Technik für die Gesundheit" auf SimplyScience.ch zusammengefasst.

Erstellt: 15.09.2013
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