Portraits

Serena Cangiano, Leiterin des "fabrication laboratory" der Tessiner Fachhochschule

Serena Cangiano an einem 3D-Drucker

Serena Cangiano, ursprünglich Kommunikations-Wissenschaftlerin, steht heute täglich in einem Labor mit ausgeklügelten technischen Maschinen wie diesem 3D-Drucker: «Ich bin überzeugt, dass wir in fünf Jahren fast alle selbst 3D-Drucker anwenden werden.» Bild: Franz Meier, SATW

Serena Cangiano leitet das "Fablab" der Tessiner Fachhochschule SUPSI. Sie hilft dort den Studierenden, ihre Ideen mit 3D-Druckern und Präzisionsfräsen in Prototypen umzusetzen.

Manchmal frage ich mich, wie es soweit kommen konnte: Letzte Woche leitete ich einen Workshop in unserem "Fablab" und plötzlich stieg die CNC-Fräse aus. Dieses Gerät wird über digitale Daten gesteuert und kann Materialien wie Holz oder Plastik sehr exakt fräsen. Nun stand ich also vor der kaputten Maschine und versuchte sie mithilfe von telefonischen Anweisungen des technischen Diensts der Firma wieder zum Laufen zu bringen. Dabei habe ich doch eigentlich keine Ahnung von Technik. Ursprünglich bin ich nämlich Kommunikations-Wissenschaftlerin und nicht Ingenieurin. Trotzdem stehe ich heute tagtäglich in einem Labor mit ausgeklügelten technischen Maschinen.

Programmieren für Nicht-Informatiker

Wie kam es also dazu? Den Weg ins "Fablab" – das ist die Abkürzung des englischen "fabrication laboratory" – schlug ich nach meinem Grundstudium ein. Damals spezialisierte ich mich auf Interaktionsdesign. Ziel dieser Disziplin ist das vereinfachte Zusammenspiel von Technologie und dem Menschen. Vor fünf Jahren besuchte ich dann einen ersten Workshop in Zürich, wo ich zum ersten Mal selbst einen 3D-Drucker nutzte. Mir wurde bewusst, dass solche Geräte auch für Nicht-Ingenieure und Nicht-Informatiker einfach zu bedienen und zu programmieren sind. Wenn jemand interessiert ist, kann er sich das Know-How dafür leicht selbst aneignen. Die Software, die wir dafür nutzen, ist meist Open Source; also auf dem Internet frei verfügbar und auch für Laien verständlich. Heute kann ich dank vorprogrammierten Code-Schnipseln aus dem Internet einfache Schnittstellen zwischen Computer und 3D-Drucker selbständig programmieren.

Im Fablab der SUPSI

Das Miteinander ist das, was Serena Cangiano am meisten an der Arbeit im Fablab fasziniert: «Man lernt zusammen in der Gruppe und teilt Wissen, indem man gemeinsam Dinge herstellt.» Bild: Franz Meier, SATW

Was mich seither an der Arbeit im Fablab am meisten fasziniert, ist das Miteinander. Man lernt zusammen in der Gruppe und teilt Wissen, indem man gemeinsam Dinge herstellt. Diese Erfahrung beschränkt sich nicht nur auf unser Labor. Heute tauschen die "Makers", wie die Bastler in Fablabs genannt werden, ihre Ideen und Designs mittels Internet über den gesamten Globus aus. In der Schweiz gibt es heute schon etwa sieben Fablabs, weltweit sind es mittlerweile hunderte.

Selbermachen als beste Lehre

Nach dem Studium begann ich meine Doktorarbeit und half gleichzeitig das Fablab der Tessiner Fachhochschule SUPSI aufzubauen. Heute hat es alles, was Studierende brauchen, um kreativ wirken zu können: Zwei 3D-Drucker, einen Laserschneider, eine Präzisionsfräse und jede Menge Werkzeuge, Materialien und elektrotechnische Elemente.

Im Fablab der SUPSI

Im Fabrication Laboratory – kurz Fablab – können Studierende ihre Designideen direkt in greifbare Objekte umsetzen: zum Beispiel einen Kopfhörer, über den man per Knopfdruck an der Ohrmuschel den gehörten Song mit jemandem «sharen» kann. Bild: Franz Meier, SATW

Das Lab ist zu einem wichtigen Bestandteil des Masterstudiengangs für "Interaction Design" geworden. Die Studierenden sollen nicht nur übers Zuhören und Mitschreiben lernen, sondern vor allem übers Selbermachen. Im Lab können sie ihre Designideen direkt in greifbare Objekte umsetzen. Zum Beispiel entwickelte ein Student kürzlich einen Kopfhörer, über den man per Knopfdruck an der Ohrmuschel den gehörten Song mit jemandem "sharen" kann. Er hat die Form des Kopfhörers in einem digitalen Zeichnungsprogramm dreidimensional konstruiert und ich habe ihm dabei geholfen, das Objekt mit dem 3D-Drucker herzustellen. Neben der Betreuung von Studierenden, veranstalten wir im Fablab auch Kurse für Externe, die sich für den 3D-Druck interessieren. Zum Beispiel für "Baue dein eigenes Radio", in dem für ein Radio, das mit dem Laser ausgeschnitten wird, Lautstärke- und Frequenz-Einstellknöpfe in 3D ausgedruckt werden.

Neben meiner Funktion als Lab-Managerin schreibe ich derzeit an meiner Doktorarbeit. Dabei untersuche ich, welchen Einfluss Open-Source-Technologien und Fablabs auf das Design haben. Ich möchte danach auch weiterhin in einem universitären Umfeld arbeiten, das gefällt mir sehr gut. Eine Teilzeitstelle in der Industrie fände ich aber auch interessant oder vielleicht werde ich künftig neben der Universität auch Kurse in 3D-Druck und digitaler Fabrikation für Private organisieren. Der Bedarf danach wird in Zukunft sicher noch steigen. Ich bin nämlich überzeugt, dass wir in fünf Jahren fast alle selbst 3D-Drucker anwenden werden.

Erstellt: 04.12.2014
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