Technik & Materialien

Baubionik – Von der Baumeisterin Natur lernen

Was hat der Eiffelturm mit Knochen zu tun? Und kann ein Eisbär Internet empfangen?

Die Baubionik nutzt Strukturen, Materialien und Funktionen aus der Natur als Inspiration, um technische Lösungen zu entwickeln, die im Bauwesen eingesetzt werden.

Ein wichtiges Teilgebiet der Bionik ist die Baubionik. Das Ziel der Baubionik ist, technische Herausforderungen im Bauwesen durch die Anwendung biologischer Prinzipien zu lösen. Von der Natur können wir lernen, wie mit wenig Material funktional und effizient gebaut werden kann.

Was haben ein Knochen und der Eiffelturm gemeinsam?

Der Knochen als Inspiration für den Bau des Eiffelturms

Der intelligente Aufbau eines Knochens diente als Inspiration für den materialsparenden Bau des Eiffelturms. Bilder: Wikimedia Commons, CanStockPhoto

Ein bekanntes Beispiel ist der Eiffelturm in Paris, für dessen Bau ein Knochen als Inspirationsquelle diente. Der Längsschnitt durch einen Wirbeltierknochen zeigt, dass das Innere aus unzähligen Hohlräumen besteht, die mit Knochenbälkchen voneinander abgegrenzt sind. Doch wozu dienen diese Knochenbälkchen und Hohlräume, und warum ist der Knochen nicht einfach massiv? Die Knochenbälkchen sorgen für die Stabilität und Festigkeit des Knochens. An Punkten, an welchen Zug- oder Druckkräfte wirken, sind Knochenbälkchen vorhanden. Die Hohlräume bewirken, dass wenig Material benötigt wird und der Knochen leicht bleibt. Schauen wir uns das nun an einem Bauwerk, in unserem Fall dem Eiffelturm an, so dienen die Stahlträger demselben Zweck wie die Knochenbälkchen. Diese Bauweise ist vor allem deshalb von Vorteil, da sie sehr materialsparend ist.

Termiten als Vorbild

Termitenbau

Termitenbau. Bild: CanStockPhoto

Ein weiteres Beispiel der Baubionik ist ein Belüftungssystem, das dem Belüftungssystem eines Termitenhügels nachempfunden ist. In einem Termitenbau werden täglich bis zu 300 Liter Sauerstoff benötigt, damit die Millionen von Bewohnern in den zahlreichen Gängen überleben und arbeiten können. Ausserdem muss die Lufttemperatur konstant gehalten werden, damit sich die Brut und die gezüchteten Pilze wohl fühlen. Damit die Luft im Termitenbau zirkulieren kann, bauen die Termiten ihre Nester nach einem ganz bestimmten Schema. Warme Luft steigt im Termitenbau nach oben und gelangt in Röhren in der porösen Aussenwand. Durch die Poren diffundiert Kohlendioxid nach aussen, während Sauerstoff von der Aussenluft aufgenommen wird. Diese frische und sich abkühlende Luft fliesst in den Röhren nach unten zum Boden des Nests, wo der Kreislauf von neuem beginnt. Dieses ausgeklügelte System dient als Vorbild für die Entwicklung von Isolierungs- und Belüftungssystemen. So wird das Innere des Einkaufszentrums „Eastgate“ in Harare (Zimbabwe) auf natürliche Weise belüftet – den Termiten sei Dank.

Der missverstandene Eisbär

„Ob Glasfaser oder nicht – mein Pelz hält warm.“ Bild: CanStockPhoto

Wie schafft es ein Eisbär, in der eisigen Kälte warm zu bleiben? Sein Fell besteht aus hohlen Haaren ohne Pigmentierung. Sie lassen das Sonnenlicht bis zu seiner schwarzen Haut durch, die dann die Wärmestrahlung absorbiert. Ausserdem bilden die Haare ein Luftkissen, das isolierend wirkt: Wärme geht weniger schnell verloren (s. auch Warum frieren Eisbären nicht?). Nach diesem Prinzip wurden Gebäudefassaden entwickelt, die eine effiziente Wärmeisolierung des Gebäudes bewirken. Bei der sogenannten transparenten Wärmedämmung wird die dunkle Gebäudefassade mit transparentem, lichtdurchlässigem Material aus Glas oder Kunststoff bedeckt. Die Sonnenstrahlung gelangt an die dunkle Wand und heizt sie auf. So geht weniger Wärme aus dem Inneren des Gebäudes über die Aussenwände verloren.
Häufig wird behauptet, die hohlen Haare des Eisbärenfells würden wie Glasfasern das Licht leiten. Dies ist jedoch experimentell nicht bewiesen worden. Auch die oben beschriebene transparente Wärmedämmung funktioniert ohne Glasfasereigenschaften.

Ein weiteres Beispiel einer bionischen Anwendung im Bauwesen ist der sogenannte Lotus-Effekt, der zur Entwicklung schmutzabweisender Oberflächen, z.B. Wandfarben, beigetragen hat (lies dazu den Artikel: Der Lotuseffekt: Nanoskopisch rein).

Erstellt: 16.09.2015
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