Die Entwicklung eines komplexen, vielzelligen Organismus aus der scheinbar einfachen befruchteten Eizelle ist einer der faszinierendsten biologischen Prozesse überhaupt. Der Bauplan für einen Organismus liegt in seinen Genen, genauer gesagt im Netzwerk zahlreicher Gene. Die Steuerung des Netzwerks erfolgt durch besondere Proteine, die selbst natürlich auch durch Gene kodiert werden. Diese Gene spielen eine Schlüsselrolle bei der Organentwicklung und werden als Entwicklungsgene bezeichnet.
Beim Menschen befinden sich eine ganze Reihe solcher Entwicklungsgene auf Chromosom 12. Sie sind jedoch nicht nur auf dieses Chromosom begrenzt, sondern auch an anderen Stellen im Genom zu finden. Die entsprechenden Gene wurden auch bei diversen Tierarten entdeckt. Viele der Entwicklungsgene wurden hauptsächlich in einer einzigen Tierspezies erforscht: der Fruchtfliege (auf lateinisch Drosophila melanogaster).
Vergleicht man die Entwicklungsgene verschiedener Lebewesen, erkennt man viele interessante Muster. Die Entwicklungsgene beim Menschen sind sehr ähnlich organisiert wie bei anderen Säugetieren. Vergleicht man die Säugetiere wiederum mit anderen Tierarten, wie Fischen, Vögeln oder sogar Insekten, kann man auch hier strukturelle Parallelen in Aufbau und Organisation der Entwicklungsgene erkennen. Man nimmt an, dass die Entwicklungsgene auf Grund ihrer zentralen Bedeutung für die Entstehung eines Organismus von der Natur während Millionen von Jahren konserviert wurden. Was sich bewährt, bleibt im Verlauf der Evolution erhalten. Das wird unter anderem auch dadurch ersichtlich, dass die Körperbaupläne verschiedenster Organismen viele Gemeinsamkeiten aufweisen.