Technik & Materialien

Dem Propeller gehört die Zukunft

So könnte ds Flugzeug der Zukunft aussehen: Konzeptentwurf für ein Kurz- bis Mittelstrecken-Passagierflugzeug. Bild: Ruag

Flugzeuge sollen künftig deutlich weniger Energie verbrauchen. Und dazu braucht es völlig neue Konzepte: effiziente Antriebe, leichte Materialien und glatte Oberflächen beispielsweise.

Mitte Dezember 2009 war es endlich soweit: Der Dreamliner, das neue Vorzeigemodell des amerikanischen Flugzeugherstellers Boeing, konnte zu seinem Jungfernflug starten. Mit dem Dreamliner will Boeing ein neues Kapitel aufschlagen, ist er doch das erste Grossraumflugzeug, das zu einem Grossteil aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) besteht und deshalb deutlich weniger Treibstoff verbrauchen wird als bisherige Flieger.

Flugzeugantriebe mit offenen Rotoren wurden bereits vor 20 Jahren erforscht. Heute ist die Technologie soweit entwickelt, dass ein Einsatz in gut 10 Jahren möglich erscheint. Bild: Ruag

Ziel: 30 Prozent weniger Treibstoff

«Das Hauptziel der Flugzeugentwickler ist heute, den Treibstoffverbrauch und damit auch den Abgasausstoss markant zu reduzieren», erklärt Jürg Wildi, Vice President Innovation bei der Firma Ruag Aviation in Emmen. Für den Ingenieur ist klar: «Wenn der Energieverbrauch der Flugzeuge um 20 oder 30 Prozent gesenkt werden soll, reichen die heutigen Technologien nicht mehr aus. Damit können wir nur noch geringe Verbesserungen erzielen. Wir brauchen also ganz neue Konzepte.» Der Einsatz von neuen Materialien – beispielsweise CFK oder Leichtmetalle – ist dabei nur ein Element. Verbesserungspotenzial gibt es auch bei den Triebwerken. «Im Moment zeichnet sich ab, dass die nächste Generation von Flugzeugen – vor allem Kurzstreckenflugzeuge – wieder mit Propellern angetrieben wird», erläutert Jürg Wildi. Mit den alten Propellerflugzeugen haben die neuen Maschinen nur noch wenig gemein. Die Idee ist, die Flugzeuge mit offenen Rotoren anzutreiben, bei denen zwei grosse gegenläufige Propeller für den nötigen Schub sorgen. Der Nachteil: Solche Flugzeuge werden rund 100 bis 200 km/h langsamer fliegen als die heutigen Maschinen – dafür jedoch weniger Treibstoff verbrauchen.

Ein drittes Element ist die Aerodynamik: Bei den heutigen Flugzeugen kommt es an vielen Stellen zu Turbulenzen, die viel unnötige Reibung verursachen. Gelänge es, die Luft so zu lenken, dass sie ohne Störungen und Wirbel um das Flugzeug strömt, liesse sich viel Energie einsparen. «Dazu müssten die Oberflächen aber so glatt und poliert sein wie bei einem Segelflugzeug», erläutert Jürg Wildi das Problem. «Bei einer grossen Maschine ist das sehr schwer zu machen.» Futuristische Konzepte wie Nurflügelflugzeuge, bei denen die Passagierkabine in den Flügel integriert ist, dürften hingegen erst in der übernächsten Generation Realität werden. «Das Konzept hat im Prinzip ein grosses Potenzial», meint Jürg Wildi. «Aber es gilt noch grosse Hürden zu überwinden.» Eine Schwierigkeit ist beispielsweise die Stabilität der Struktur: In der Passagierkabine muss ein höherer Druck herrschen als in der umgebenden Atmosphäre auf Reiseflughöhe. Aus statischen Gründen lässt sich eine Druckkabine mit einem röhrenförmigen Rumpf viel einfacher realisieren. Auch andere Konzepte – etwa die Idee, die Triebwerke über den Flügeln anzubringen, damit die Lärmbelastung am Boden geringer wird – sind noch längst nicht einsatzreif. Da bei der Sicherheit keinerlei Abstriche gemacht werden dürfen, müssen alle neuen Technologien ausführlich erprobt werden, bevor sie zum Einsatz kommen – und das ist sehr aufwendig, wie das Beispiel Dreamliner zeigt, dessen Serienproduktion sich immer wieder verzögert.

Versuch mit dem Studienmodell eines zukünftigen Business-Jets im Windkanal bei RUAG Aviation in Emmen. Bild: Ruag

Bessere Koordination im Luftraum

Für eine Zulieferfirma wie Ruag sei es daher kaum möglich, von sich aus grundlegend neue Technologien und Materialien einzuführen. Trotzdem könnten auch in der Schweiz die Ingenieure an vorderster Front bei der Flugzeugentwicklung mitarbeiten. «Wir machen Windkanalversuche und testen künftige Antriebskonzepte», erzählt Jürg Wildi. «Und auch in der Materialforschung liefert die Schweiz immer wieder wichtige Beiträge.» Mit der Optimierung der Flugzeuge sei zudem nicht das ganze Potential für einen effizienteren Flugbetrieb ausgeschöpft, gibt Jürg Wildi zu bedenken. «Man muss den Flugverkehr als Gesamtsystem verbessern. Wenn man die Maschinen so lenken könnte, dass kein Flugzeug mehr in der Luft Warteschleifen drehen muss, liesse sich viel Energie einsparen.» Auch hier seien die Ingenieure gefordert: «Eine gut koordinierte Verkehrsführung in der Luft erfordert noch Einiges an technischer Grundlagenarbeit.»

Quelle: Technoscope 2/10: Luftfahrt. Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche.

Erstellt: 21.10.2010

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