Körper & Gesundheit

Ein hervOHRragendes Organ!

Anatomie des menschlichen Ohrs

Der anatomische Aufbau eines menschlichen Ohrs: Vom Aussenohr zieht der äussere Gehörgang zum Mittelohr. Das Trommelfell und das ovale Fenster begrenzen das Mittelohr. Das Innenohr ist mit einer Flüssigkeit gefüllt und schneckenförmig aufgerollt. Bild: CanStockPhoto

Ohren spitzen – das können viele Tiere besser als wir. Manche reagieren auf Töne, die wir gar nicht wahrnehmen können. Aber auch das menschliche Gehör ist nicht ohne: Ein kleines, aber ausgeklügeltes Organ!

Das menschliche Ohr besteht aus drei Abschnitten: dem Aussenohr, dem Mittelohr und dem Innenohr. Das Aussenohr umfasst die von aussen sichtbaren Strukturen – also Ohrmuschel und Ohrläppchen sowie den äusseren Gehörgang, der in den Schädel hineinführt und am Trommelfell endet. Das Trommelfell stellt also die Grenze zwischen Aussenohr und Mittelohr dar. Auf der Innenseite des Trommelfells befinden sich in einer Kette drei winzige Knochen: der Hammer, der Amboss und der Steigbügel. Diese werden zusammen als Gehörknöchelchen bezeichnet. Der Steigbügel wiederum berührt das sogenannte ovale Fenster; dieses ist die Grenze des Mittelohrs nach innen. Das Innenohr befindet sich vollständig im Schädel verborgen, man sieht es von aussen nicht. In einem kleinen Hohlraumsystem – auch knöchernes Labyrinth genannt – liegt das häutige Labyrinth des Innenohrs. Das häutige Labyrinth besteht aus zwei verschiedenen Teilen: aus der Gehörschnecke und dem Gleichgewichtsorgan. Dieses dient dazu, die Lage des Körpers im Raum zu bestimmen.

Der Weg eines Tones: Von der Umwelt bis ins Gehirn

Pferd mit gespitzten Ohren

Pferde und viele andere Säugetiere können die Richtung ihrer Ohrmuschelöffnung aktiv verändern und so besser feststellen, woher ein Geräusch kommt. Möglich gemacht wird dies durch viele verschiedene Muskeln im und um das Ohr. Bild: CanStockPhoto

Wird ein Ton produziert, beispielsweise von einem Musikinstrument, so verbreitet sich dieser in Form von Schallwellen durch die Luft. Solche Schallwellen werden von der trichterförmigen Ohrmuschel aufgefangen und durch den äusseren Gehörgang in Richtung Trommelfell – also Mittelohr – weitergeleitet. Dabei nehmen wir Menschen Schallwellen aus einer bestimmten Richtung sehr gut wahr, während wir Töne aus anderen Richtungen kaum hören. Viele Tiere können im Gegensatz zum Menschen ihre Ohrmuscheln bewegen und so die Richtung verändern, aus der sie Schallwellen am besten wahrnehmen.

Durch das Auftreffen von Schallwellen auf dem Trommelfell wird es in Schwingung versetzt. Diese Schwingung wird auf den ersten der drei Gehörknöchelchen übertragen, den Hammer. Der Hammer gibt die Schwingung zum Amboss und schliesslich zum Steigbügel weiter, der mit dem ovalen Fenster in Kontakt ist.

Im Aussen- und Mittelohr sind sämtliche Hohlräume luftgefüllt, das Innenohr jedoch ist mit Flüssigkeit gefüllt. Damit das Signal nach dem Übergang in die Flüssigkeit immer noch wahrnehmbar ist, muss es verstärkt werden. Diese Verstärkung wird erreicht durch die Hebelwirkung der Kette von Gehörknöchelchen sowie durch den Grössenunterschied von Trommelfell und ovalem Fenster. Das ovale Fenster ist nämlich sehr viel kleiner als das Trommelfell und kann so den Schalldruck erhöhen.

Der Steigbügel – eines der drei Gehörknöchelchen – hat seinen Namen wegen seiner typischen Form erhalten: Er sieht aus wie der Steigbügel eines Sattels. Der Steigbügel ist der kleinste Knochen des menschlichen Körpers.

Im Innenohr angekommen wird der Schall in der Gehörschnecke weitergeleitet. Die Gehörschnecke kann man sich vereinfacht als aufgerollten Schlauch voll Flüssigkeit vorstellen. Darin befinden sich ganz viele Haarsinneszellen, die in Kontakt mit der Flüssigkeit stehen und an ihrem Fuss mit dem Hörnerv verbunden sind. Die Schallwellen werden durch die Schwingung des Steigbügels über das ovale Fenster auf die Flüssigkeit des Innenohrs übertragen, wodurch sich auch die Haarsinneszellen bewegen. Diese Bewegung wird registriert und vom Hörnerv zum Hirn weitergeleitet.

Ein spezielles Gebiet des Gehirns – die sogenannte Hörrinde – nimmt Impulse wahr, die vom Hörnerv kommen, und interpretiert diese so, dass wir einen Ton bewusst wahrnehmen können.

Meister des Hörens

Das menschliche Ohr ist ein sehr komplexes Organ. Töne sind nur wahrnehmbar, wenn alle Stufen vom Aussenohr bis in die Hörrinde des Hirns richtig funktionieren. Aber der Mensch nimmt lange nicht alle möglichen Schwingungen wahr. Durch die Eigenschaften der Haarsinneszellen hören Menschen nur in einem begrenzten Schallbereich. Dieser reicht etwa von 16 bis 20'000 Schwingungen pro Sekunde. Töne, die ausserhalb dieses Bereichs liegen, sind für den Menschen also nicht wahrnehmbar.

Die Gesamtheit der von einem Menschen wahrnehmbaren Töne wird als Hörfeld bezeichnet. Die untere Grenze ist die sogenannte Hörschwelle – also der leiseste gerade noch hörbare Ton von jeder Tonhöhe. Die obere Grenze des Hörfeldes ist die Schmerzgrenze, also die Reizstärke, bei der man einen Ton als schmerzhaft empfindet. Mit zunehmendem Alter wird das Hörfeld immer kleiner, insbesondere hohe Töne werden schlechter wahrgenommen. Dies geschieht wegen Verschleisserscheinungen an den Haarsinneszellen in der Gehörschnecke, aber auch wegen Alterungsprozessen an Hörnerv und Hörrinde.

Der Mensch ist längst nicht der Hör-Profi unter den Wirbeltieren. Hunde beispielsweise haben ein sehr viel grösseres Hörfeld, das etwa von 15–50'000 Hertz reicht. Deshalb können Hunde hohe Töne, wie sie beispielsweise von Hochfrequenzpfeifen erzeugt werden, sehr viel besser wahrnehmen als der Mensch.

Das Ohr ist also ein hochspezialisiertes Organ, das die bewusste Wahrnehmung von Tönen und Geräuschen ermöglicht. Ohne diese Funktion würde unser Leben ganz anders aussehen. Hätte sich überhaupt Sprache entwickeln können? Würde es Musikinstrumente geben?

Erstellt: 28.05.2018
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