Tröster zeigt ein kurzes, schwarz-weisses Stoffband. Darin verwoben sind einzelne leuchtende Plastikstreifen. Bei genauerem hinsehen erkennt man auf dem Streifen winzige schwarze Punkte. Das sind kleine Epoxy-Kunststoff-Tropfen, unter denen ein Sandkorn-grosser Mikrochip liegt. Die Forscher haben die Mikrochips in einem billigen Standardverfahren auf eine dünne Plastikfolie «gedruckt». Danach wurde die Folie in feine Streifen geschnitten und die elektronischen «Fäden» mit einer gewöhnlichen Webmaschine in den Stoff eingewoben. Durch die schwarze Kunststoff-Abdeckung werden die Chips wasserfest; der Stoff kann deshalb mit einer Waschmaschine gewaschen werden. Je nach Art des Chips und den darin integrierten Sensoren, misst das Textil Bewegung, Temperatur oder Durchblutung seines Trägers.
Die Mikrochips zeichnen die Daten aber lediglich auf; ausgewertet werden sie woanders: Über einen kleinen Sender, der ebenfalls auf dem winzigen Kunststoff-Streifen aufgebracht ist, werden sie dazu an einen externen Computer, zum Beispiel ein Smartphone, geschickt. Der Träger eines intelligenten T-Shirts könnte sich somit jederzeit über seinen aktuellen Körperzustand informieren. Alternativ liesse sich ein Minicomputer zur Auswertung auch in einen Knopf einbauen, zum Beispiel bei einer Jacke.
Für Abgasreinigung und mehr Sitzkomfort
Die Wissenschaftler arbeiten nun mit Textilproduzenten zusammen, um erste Anwendungen des Systems zu testen. Tröster glaubt jedoch, dass die intelligenten Stoffe nicht zuerst in Kleidern, sondern im Bereich der Hochleistungs-Textilien genutzt werden. So zum Beispiel bei Textilfiltern für die Blutwäsche im Spital oder entsprechenden Filtern für die Abgasreinigung. Die eingewobenen Sensoren könnten dann die Filterleistung überwachen sowie Verstopfungen und den idealen Zeitpunkt für einen Filterwechsel melden. Eine andere mögliche Anwendung sehen Experten in Auto- oder Flugzeugsitzen: Dort könnten die Sensoren Herzschlag und Körpertemperatur von Fahrgästen aufzeichnen und ein zentraler Computer würde daraufhin die Umgebung automatisch an deren momentane Befindlichkeit anpassen. Wann wir uns das erste Mal in solche kommunizierende Sessel setzen werden oder Herzinfarkt-Risikopatienten ein T-Shirt mit integrierter Überwachung kaufen können, darüber will Tröster nichtmutmassen. Was er aber mit Sicherheit weiss: «Das elektronische Zeitalter wird in den kommenden Jahren auch Textilien und die Mode verändern.»
Text: SATW / Samuel Schläfli
Quelle: Technoscope 2/11: Funktionelle Textilien