Energie & Kommunikation

Jeanette Beck, Architektin und Stadtplanerin: «Mich interessieren die grossen Zusammenhänge»

Jeanette Beck, Architektin beim Stadtplanungsamt Bern (Bild:  Stadtplanungsamt Bern)

Jeanette Beck, Architektin beim Stadtplanungsamt Bern (Bild:  Stadtplanungsamt Bern)

Jeanette Beck hat in Aachen und an der ETH Zürich Architektur studiert. Sie kennt die Eigenschaften von Materialien und weiss, wie man Architekturpläne zeichnet. Weil sie sich aber speziell für die Vermittlung zwischen unterschiedlichen Ansprüchen an den städtischen Raum interessiert, arbeitet sie heute als Projektleiterin beim Stadtplanungsamt Bern.

Workshop Stadtplanung

Workshop mit Studierenden in Bern mit dem Ziel, einen frischen Blick auf städtische Situationen zu gewinnen (Bild: Stadtplanungsamt Bern)

Für eine Quartierplanerin der Stadt Bern ist kein Tag wie der andere: Je nach Tag habe ich mit Fachleuten vom Kanton, mit Grundeigentümern, mit Anwohnern oder mit Pendlern zu tun; manchmal auch mit allen gleichzeitig. Ein Beispiel: Ich schliesse derzeit ein Projekt ab, dessen Ziel es ist, die Zukunftsperspektiven für einen ganzen Berner Stadtteil aufzuzeigen. Davon ausgehend sollen Massnahmen getroffen werden, um die Lebensqualität vor Ort langfristig zu verbessern.

Der Stadtteil umfasst sechs Quartiere, rund 29 000 Bewohner und 700 Hektaren Fläche. Wir wollen, dass wieder mehr Personen in der Stadt Bern wohnen und das bedeutet, dass wir den begrenzt zu Verfügung stehenden Boden besser nutzen müssen. Um die Bewohner in die Planungen mit einzubeziehen, hat man Workshops mit Quartiervertreterinnen organisiert und Umfragen bei den Bewohnern gemacht. Bei der Umsetzung unserer Konzepte muss ich auch mit den Grundeigentümern Kontakt aufnehmen. Ich bin dann eine Art Mediatorin, die zwischen all den unterschiedlichen Ansprüchen und Interessen, an einen bestimmten Raum gestellt werden, vermittelt. Und das sind oft viele!

Analysepläne zur Sportanlage Weyermannshaus

Detail aus den Analyseplänen zur Sportanlage Weyermannshaus Bern (Bild: Stadtplanungsamt Bern).

Die Quartierbewohnerinnen und -bewohner haben meist sehr konkrete Vorstellungen, zum Beispiel wenn es um die Verkehrsführung geht. Oder Investoren wollen einen bestimmten Raum so nutzen, dass öffentliche Interessen zu kurz kommen. Dieses Vermitteln ist meine Leidenschaft, denn mich interessieren vor allem grössere Zusammenhänge. Ich bin in solchen Situationen gefordert, technische, finanzielle und gestalterische Vorstellungen zu einer ganzheitlichen Planung zu bündeln, von der am Ende alle Anspruchsgruppen überzeugt und begeistert sind.

 

Planungsaufgabe für Jeannette Beck

Eine Planungsaufgabe für Jeannette Beck: Die baurechtliche Grundordnung entspricht nicht den Entwicklungsabsichten der Grundeigentümer (Bild: Stadtplanungsamt Bern) .

Verständnis für Raum, Prozesse und Materialien

Meine Ausbildung als Architektin ist für meine heutige Arbeit essentiell: Bei der Architektur geht es nämlich immer um Raum. Ich muss diesen also auch kommunizieren können und bediene mich dabei einer breiten Palette an Computerprogrammen, vom Tabellenkalkulations- bis hin zum Zeichnungsprogramm. Die Ausführung der Planungen liegt dann zwar nicht in meiner Hand, denn das machen Spezialisten vom Tiefbauamt oder private Architektur- und Ingenieurbüros. Ich muss aber ein Verständnis für den Raum, für Planungsprozesse und für die Baurealisierung haben.

Dieses Wissen eignete ich mir unter anderem auf der Baustelle an: An der Technischen Hochschule Aachen, wo ich mein Architekturstudium begann, mussten alle Studierenden ein Praktikum auf einer Baustelle absolvieren. Vier Sommermonate lang war ich also Bauarbeiterin. Die Erfahrungen dort waren für mich sehr wertvoll, denn nach dem Praktikum wusste ich, was es für den Bau bedeutet, wenn man am Computer in den Plänen auf die Schnelle ein oder zwei Linien verschiebt.

Nach Zürich an die ETH kam ich zuerst nur für ein Gastsemester. Das gefiel mir dann aber so gut, dass ich dort mein Studium abschliessen wollte. Die Angebotsvielfalt, sehr gute Professoren, die internationale Ausrichtung und die tolle Infrastruktur mit eigenen Werkstätten sind einzigartig. Mich hat am Studium die Verbindung von Technik und Gestaltung gereizt. Ausserdem bin ich ein sehr neugieriger Mensch und in meinem Job darf ich mich mit sehr vielen aktuellen Fragen unserer Zeit auseinandersetzen, weil man «Dinge» für die nächsten Jahre, manchmal Jahrzehnte konzipieren und planen muss.

Toll ist, dass man nach dem Studium ein breites Wissensfundamt hat und man sich abhängig von den eigenen Interessen in ganz unterschiedliche Gebiete hineinarbeiten kann. Heute kann ich meine Neugier und das Interesse für grössere Zusammenhänge in der Stadt und Raumplanung in Bern voll und ganz ausleben.


Text: SATW / Samuel Schläfli
Quelle: Technoscope 3/12: Urbanisierung. Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche

Erstellt: 10.01.2013

Dieser Beitrag wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf die aktuelle Website importiert. Wir freuen uns, wenn uns allfällige Darstellungsfehler gemeldet werden: redaktion(at)simplyscience.ch.

Mehr