Technik & Materialien

Komplexe Technik im Hintergrund

Tests mit dem Funkmesswagen der SBB. Bild: AlpTransit Gotthard AG

Auf den ersten Blick ist der Gotthard-Basistunnel einfach ein langer Tunnel. Doch der Eindruck täuscht: Hinter der Fassade versteckt sich eine komplexe Technik, die den Betrieb dieses aussergewöhnlichen Bauwerks erst möglich macht.

Der gesamte Tunnel wird von einer Leitstelle aus kontrolliert, die sich auf der Südseite bei Polleggio befindet. Dort werden sämtliche Zugbewegungen aufmerksam verfolgt, und die Lokomotivführer erhalten von dort aus auch die Befehle, wie schnell sie mit ihren Zügen fahren dürfen. Von der Leistelle aus werden auch alle elektrischen und elektromechanischen Anlagen wie Lüftung, Beleuchtung, Funk- und Telefonsysteme sowie die Tore im Tunnel überwacht und zum Teil auch ferngesteuert.

Keine herkömmlichen Signale

Im Tunnel selbst gibt es keine herkömmlichen Signale für den Bahnverkehr. Die Fahrbefehle werden mit dem neuen Zugsteuerungssystem ETCS direkt in den Führerstand der Lokomotiven übermittelt. Auf speziellen Anzeigegeräten sehen die Lokomotivführer, wie schnell sie fahren dürfen. Die Bewegungen der Züge werden im Tunnel mit so genannten Balisen erfasst, die auf den Gleisen montiert sind. Wenn ein Zug über eine Balise fährt, sendet diese ein entsprechendes Signal an die Leitstelle.

Der Gotthardtunnel ist zudem mit einem aufwändigen Tunnelfunksystem ausgerüstet. Dieses dient einerseits dazu, Daten und Sprachmitteilungen zu übermitteln, die für den Zugbetrieb notwendig sind. Andererseits wird es auch von den Telefongesellschaften für ihre Dienstleistungen genutzt. Die Passagiere können also während der ganzen Fahrt durch diesen langen Tunnel ohne Einschränkungen telefonieren.

Sicherheit ist zentral

Ein zentrales Thema bei der Planung, dem Bau und beim Betrieb ist die Sicherheit. Die Ingenieure haben ein ausgeklügeltes Konzept entwickelt, um folgenschwere Störfälle möglichst zu verhindern. Eine zentrale Rolle spielen die beiden Nothaltestellen unterhalb von Sedrun und Faido. Falls der Lokomotivführer bei einem Notfall nicht mehr ins Freie fahren kann, fährt er mit dem Zug zu einer der beiden Nothaltestellen und lässt die Passagiere dort aussteigen.

Besonders brisant wäre ein Brand eines Zuges im Tunnel, da sich die enge Röhre schnell mit giftigen Rauchgasen füllen würde. Bricht bei einem Zug ein Brand aus, fährt der Lokomotivführer – falls er nicht mehr aus dem Tunnel fahren kann – bis zur nächsten Nothaltestelle. Dort wir über grosse Ventilatoren von aussen Frischluft in den Tunnel geblasen. Gleichzeitig werden die Rauchgase über grosse Entlüftungsschächte in der Decke des Tunnels abgesogen. Sie gelangen dann 800 Meter weiter oben über Lüftungsanlagen ins Freie.

Die Passagiere verlassen anschliessend den Zug und werden in speziell ausgerüsteten Kavernen in Sicherheit gebracht. Von dort aus werden sie so schnell wie möglich evakuiert. Für solche Ernstfälle stehen rund um die Uhr speziell ausgebildete Rettungskräfte bereit, die innerhalb von spätestens 45 Minuten mit einem Rettungszug vor Ort sind.

Die Betreiber des Tunnels setzen jedoch alles daran, damit ein solcher Notfall gar nicht erst entstehen kann. Entlang der Zufahrtsstrecken sind verschiedene Detektionsanlagen installiert. Diese erkennen, ob bei einem Zug eine Achse überhitzt ist oder ob ein Wagen brennbare Güter verliert. Züge, bei denen das System Auffälligkeiten entdeckt, dürfen gar nicht erst in den Tunnel einfahren.

Erstellt: 04.05.2016
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