Erde & Umwelt

Regnet es im tropischen Regenwald immer?

Regenwald

Aufgrund des vielen Regens fliessen durch viele tropische Regenwälder grosse Flüsse wie zum Beispiel der Amazonas in Südamerika. Bild: CanStockPhoto

Tropische Regenwälder entstehen dort, wo es warm ist und viel regnet. Sie beherbergen eine unglaubliche Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten und sind sehr wichtig für unser Klima.

Hitze. Vom grünen Blätterdach fallen Wassertropfen. Die Luft fühlt sich selbst beim Atmen feucht an. Rundherum tobt das Leben - Affen kreischen, Schmetterlinge flattern vorbei und blühende Orchideen sitzen auf den Ästen von Baumriesen. So ähnlich lässt sich ein Spaziergang im tropischen Regenwald von Madagaskar beschreiben.

Mit einer Fläche von 587'041 Quadratkilometern ist Madagaskar die viertgrösste Insel auf unserem Planeten und mehr als zehnmal so gross wie die Schweiz. Im Durchschnitt ist es auf Madagaskar 25°C warm. Vor allem an der Ostküste der Insel fällt sehr viel Regen - bis zu 4’000 Millimeter pro Jahr - und lässt dort tropischen Regenwald wachsen. Denn der Regenwald hat seinen Namen tatsächlich vom vielen Regen, der dort fällt.

Warum wächst auf Madagaskar Regenwald, in Zürich jedoch nicht?

Zum Vergleich: in Zürich herrscht eine durchschnittliche Temperatur von 8.5°C, und es fallen etwas mehr als 1'000 Millimeter Regen pro Jahr. Diese Klimaunterschiede sind verantwortlich dafür, warum es in Madagaskar tropischen Regenwald gibt, in Zürich jedoch „nur“ Wald. Madagaskar liegt in der tropischen Klimazone und befindet sich also viel näher am Äquator als die Schweiz. Durch die stärkere Sonneneinstrahlung ist es in Madagaskar heisser, und anders als in der Schweiz sind die Tage und Nächte in Madagaskar das ganze Jahr durch etwa gleich lang. Ausserdem gibt es in den Tropen als Jahreszeiten nicht wie bei uns Sommer, Herbst, Winter und Frühling, sondern Regen- und Trockenzeiten.

„Warm und feucht, am Abend etwas Regen“ – der tägliche Wetterbericht

Tropische Regenwälder finden sich nicht nur in Madagaskar, sondern auch an anderen äquatornahen Orten auf der ganzen Welt. Voraussetzung dabei ist unter anderem, dass es mindestens 2'000 Millimeter Wasser regnet im Jahr und die Temperaturen gleichmässig warm sind (etwa 23 – 27°C). Dann erwärmt am Morgen die starke Sonne Luft und Boden, so dass das Regenwasser verdunstet. Die feuchte, warme Luft steigt nach oben und ballt sich zu Wolken zusammen, die gegen Abend ihre Feuchtigkeit wieder in Form von Regen zurück auf die Erde schicken. Im Regenwald regnet es also tatsächlich sehr häufig.

Ein immergrünes Urwalddickicht mit verschiedenen Stockwerken

In so einem warmen, feuchten Klima wachsen viele Pflanzen gern und schnell. Die meisten der Bäume sind immergrün. Sie erneuern ihr Blätterkleid also nach und nach und werfen nicht alle Blätter auf einmal ab (wie unsere Laubbäume im Herbst). Einige Regenwaldbäume können mehr als 60 Meter hoch werden! Von oben betrachtet ragen ihre Kronen wie Inseln aus einem grünen Meer heraus.

Diese Urwaldriesen bilden das „Dachgeschoss“ des Regenwalds. Ähnlich einem Haus lässt sich der Regenwald nämlich in verschiedene Stockwerke unterteilen, die von unterschiedlich hoch wachsenden Pflanzen wie Palmen, Farnen, Sträuchern und natürlich Bäumen gebildet werden. Jedes Stockwerk bietet etwas andere klimatische Bedingungen und beherbergt eine einzigartige Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten. In jeder Etage fangen weitere Pflanzen mit ihren Blättern das Sonnenlicht auf, so dass schlussendlich nur etwa 1% davon den Urwaldboden erreicht.

Von „Hotspots“, Spezialisten und einem sehr effizienten Recyclingsystem

Bromelie

Aufsitzerpflanzen wie diese Bromelie sind sehr wichtig für die Artenvielfalt im tropischen Regenwald. In ihren Blättern sammelt sich nämlich Wasser, das wiederum als Lebensraum für andere Organismen (zum Beispiel kleine Frösche) dient. Bild: A. Graichen/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Tropische Regenwälder sind also „Hotspots“der Artenvielfalt. Dabei sind viele Arten relativ selten (es gibt also nur wenige Individuen davon), doch die Anzahl unterschiedlicher Tiere und Pflanzen ist unglaublich hoch – bei einem Regenwaldspaziergang sieht man also eher zwei unterschiedliche Schmetterlinge als zwei Schmetterlinge der gleichen Art. Viele Arten haben sich spezielle Strategien ausgedacht, um in dieser schummrig grünen Welt nicht unterzugehen. Licht ist oftmals Mangelware, darum gibt es im Regenwald viele Kletterpflanzen (zum Beispiel Lianen), die andere Bäume als Stützen benutzen und so zu Sonnenlicht gelangen. Eine andere Technik dazu entwickelten die Aufsitzerpflanzen (wissenschaftlich „Epiphyten“), die nicht auf dem Boden wachsen, sondern auf einem anderen Baum!

Viele Bäume haben Stützwurzeln, die ihnen Halt geben und die Nährstoffaufnahme verbessern. Der Regenwaldboden ist nämlich eigentlich recht nährstoffarm, da er nur eine sehr dünne Humusschicht besitzt. Doch fallende Blätter und anderes totes Material werden sofort von unzähligen Mikroorganismen zersetzt, so dass die Nährstoffe wieder frei für die wachsenden Pflanzen werden – ein äusserst effizientes Recyclingsystem also.

Die Masoala- Halle: Ein Stück tropischer Regenwald in Zürich

Um einmal einen Spaziergang im Regenwald zu erleben, muss man nicht nach Asien oder Amerika reisen – ein Ausflug in den Zoo Zürich reicht. In einer 120 Meter langen Halle wurde dort ein Stück des Masoala-Nationalparks von Madagaskar abgebildet. Bei 20-30°C und 80% Luftfeuchtigkeit kann der Besucher den verschlungenen Wegen durch das grüne Dickicht folgen (es gibt sogar einen Weg durch die Baumkronen), die zahlreichen Tier- und Pflanzenarten bestaunen und sich so wie in einem echten Regenwald fühlen.

Tropischer Regenwald als Speicherkammer und Apotheke

Viele unserer Nutzpflanzen wie Bananen, Gummi oder Vanille stammen aus dem tropischen Regenwald. Zahlreiche dort vorkommende „Medizinpflanzen“ sind Ausgangsstoffe für unsere Medikamente, und auch viele indigene Völker sind im Regenwald zuhause. Bis heute wurde erst ein Bruchteil aller vorkommenden Tier- und Pflanzenarten entdeckt – tropische Regenwälder sind also Schatzkammern mit einem riesigen Potential! Auch für das globale Klima sind sie sehr wichtig, doch leider zerstört der Mensch immer mehr tropischen Regenwald durch die fortschreitende Abholzung. 90 % des ursprünglichen Regenwalds von Madagaskar ist heute verschwunden.

Erstellt: 28.02.2014
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