Technik & Materialien

Virtuelle Meetings dank Star Wars-Technologie

Dreidimensionales Spiegelbild

Wie im Märchen... (Bild: © Markus Gross, ETH Zurich, 2009)

Nicht selten beeinflussen sich Wissenschaft und Science Fiction. «Telepresence» ist sowohl im Film als auch an der ETH Zürich ein Thema. Dort arbeiten Forscher an einem transparenten Flachbildschirm, mit dem man auch tausende von Kilometer entfernte Gesprächspartner virtuell und dreidimensional zu sich nach Hause holen kann.

Im Science Fiction-Film «Time machine» unternimmt der Erfinder Alexander Hartdegen eine Reise in die Bibliothek der Zukunft. Hinter einer Glasscheibe erscheint aus dem Nichts ein Bibliothekar und bietet ihm seine Hilfe bei der Büchersuche an. Er traut seinen Augen zuerst nicht und realisiert dann: Der Bibliothekar ist ein rein virtuelles, dreidimensionales Bild in der Glasscheibe vor ihm. Diese Filmsequenz spielte Professor Markus Gross dem studierten Informatiker Nicola Ranieri beim Vorstellungsgespräch für sein Doktorat vor und meinte: «Genau so etwas wollen wir hier entwickeln.»

3D auf transparenten Flachbildschirmen

Dreidimensionales Bild auf transparentem Flachbildschirm

...an der ETH Zürich entwickeln Forschende transparente Flachbildschirme, die ein dreidimensionales Bild vom Gegenüber erzeugen sollen, ohne dass man dafür eine Brille tragen muss. (Bild: © Markus Gross, ETH Zurich, 2009)

Was man in «Time machine» sehen kann, nennen die Wissenschaftler am Institut für Visual Computing «Telepresence». Sie soll uns in Zukunft ermöglichen, Menschen, die eigentlich tausende von Kilometern entfernt sind, virtuell in den eigenen Raum zu holen. «Telepresence ist die logische Weiterentwicklung des Telefons und der Videotelefonie im 21. Jahrhundert», sagt Ranieri. Ranieri entwickelt derzeit einen grossen, transparenten Flachbildschirm, der ein dreidimensionales Bild erzeugt, ohne dass der Betrachter dafür eine Brille tragen muss – ähnlich wie im Film «Time machine ». «Das ist uns wichtig, denn die Kommunikation mit dem virtuellen Gegenüber soll so natürlich wie möglich sein», sagt Ranieri.

Er nutzt für seine Forschung 3D-Displays, die bereits auf dem Markt verfügbar sind und entwickelt diese für die eigenen Anforderungen weiter. Bereits gibt es nämlich Bildschirme, die mit winzigen Linsen auf dem Bildschirm für das linke und das rechte Auge unterschiedliche Bilder erzeugen. Dadurch entsteht beim Betrachter ein dreidimensionales Bild, jedoch nur solange er in einer idealen Position vor dem Bildschirm steht. Ranieri will aber ein flexibles System entwickeln, bei dem sich die beiden Telefonierenden frei im Raum bewegen können. Dafür eignet sich die «Automultiscopy», bei welcher die Bilder für alle erdenklichen Positionen des Betrachters erzeugt und ausgestrahlt werden. «Damit ist es sogar möglich, hinter virtuelle Objekte auf dem Bildschirm zu schauen», sagt Ranieri.

Aufwendige Bildbearbeitung gegen «Geistereffekt»

Doch es gibt ein Problem: Bislang können solche Bildschirme nur eine Tiefe von ungefähr 50 Zentimeter in guter räumlicher Qualität darstellen. Was weiter hinten ist, beginnt zu springen, sobald der Betrachter seinen Kopf bewegt – zum Beispiel wenn im virtuellen Bild ein Mensch vor einem weit entfernten Bergpanorama steht. Dieses Problem will der Informatiker Ranieri lösen, indem er bestehende Bildschirme technisch modifiziert und gleichzeitig die Bilddaten so programmiert, dass sie mit einem guten räumlichen Eindruck wiedergegeben werden. Dazu entwickelt er neue mathematische Algorithmen mit welchen die Bilder über einen zentralen Rechner automatisch bearbeitet werden.

Ein weiterer Knackpunkt ist der Geistereffekt: «Im Film ‹Star Wars› sehen die Menschen in den virtuellen, dreidimensionalen Hologrammen immer ein wenig wie Geister aus. Das wollen wir nicht», sagt Ranieri. Da bei der «Automultiscopy» für jedes einzelne Bild eines Films gleichzeitig mehrere leicht modifizierte Kopien generiert und gesendet werden, ist die Telepresence extrem rechenintensiv. «Um das in den Griff zu kriegen, müssen wir neue, leistungsstarke Algorithmen entwickeln», sagt Ranieri. Auch wenn Ranieris Projekt im ersten Moment vielleicht nach Science Fiction tönt; irgendwann soll uns Telepresence das Leben leichter machen – und die Umwelt entlasten. «Geschäftsleute und Wissenschaftler müssten für Meetings dank der 3D-Technologie nicht mehr um die halbe Welt fliegen. Das spart Reisekosten und die Emission von klimaschädlichem Kohlendioxid durch Flugzeuge würde reduziert», erklärt Ranieri.

Und wann wird uns der erste virtuelle Helfer durch die Bibliothek führen, wie in «Time machine»? Bis in vier Jahren soll der erste Prototyp eines Telepresence-Systems verfügbar sein, sagt Ranieri. Bis sich ein solches System auch öffentliche Bibliotheken leisten können, wird es aber wohl noch etwas länger dauern.

Text: SATW / Samuel Schläfli

Quelle: Technoscope 3/11: Virtuelle Realität

Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche

Erstellt: 04.02.2013

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