Forschertagebücher

Von der Theorie in die Praxis: Meine Studienwoche bei der EMS-Chemie

Sebastián Ramírez während seiner Praktikumswoche bei der EMS-Chemie. Bild: Sebastián Ramírez

Anlässlich des Nationalen Wettbewerbs 2013 von Schweizer Jugend forscht gewann ich eine Studienwoche bei der EMS-Chemie. Dabei erhielt ich einen Einblick in die Welt eines grossen Schweizer Industrieunternehmens und konnte neue Erfahrungen in der Praxis sammeln.

Als ich erfuhr, dass meine Maturaarbeit im Rahmen von "Schweizer Jugend forscht" ausgezeichnet wurde, hat mich das natürlich sehr gefreut. Als Maturaarbeit an der Neue Kantonsschule Aarau habe ich zum Zerfall von Polyethylenterephthalat (PET) geforscht. Als Preis durfte ich eine Studienwoche in einem Schweizer Industriebetrieb absolvieren. Ich entschied mich für die EMS-CHEMIE, da diese unter anderem im Bereich Hochleistungskunststoffe tätig ist, was von meinem Forschungsthema ja nicht allzu weit entfernt ist.

Beeindruckt von Grösse und Tradition

Als ich am Montagmorgen vor der EMS-CHEMIE den Zug verliess, war ich beeindruckt, wie gross das Grossunternehmen war. Ich wurde an der Eingangspforte von Frau Pascale Beer in Empfang genommen. Danach erhielt ich als Einführung eine kurze Präsentation vom Personalchef, Herrn Daniel Waldvogel, der mir alles Wissenswerte über die Firma erzählte. Danach war ich noch mehr beeindruckt, denn ich erfuhr, dass weltweit über 2'000 Personen für die EMS-CHEMIE arbeiten, in Domat/Ems allein über 1'000.

Im Anschluss daran erhielt ich eine Führung durch die Jubiläumsausstellung, die anlässlich des 75-jährigen Bestehens der EMS-CHEMIE im Jahre 2011 eröffnet und aufgrund des hohen Besucherandrangs unlängst um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Dabei gewann ich einen Einblick, wie sich das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1936 entwickelt hat. In dieser Zeit musste sich das Unternehmen viermal neu erfinden - von der anfänglichen Ethylalkoholproduktion aus Holzabfällen (das sogenannte "Emser Wasser") über Düngemittel und Fasern bis hin zu den Hochleistungspolyamiden.
Am Nachmittag konnte ich die Produktions- und Logistikabteilung besichtigen. Dabei wurde mir der Herstellungsprozess von Polyamidgranulat erklärt. Ich war erstaunt über die vielen Kontrollen und Prozesse, die man durchführen muss, um das fertige Granulat zu erhalten.

Im Chemielabor. Bild: Sebastián Ramírez

Die Lehre als Chemielaborant

Am zweiten Tag konnte ich das Lehrlabor besuchen. Zusammen mit einer Lernenden habe ich Essigsäuren-
Pentylester oder sogenannten "Bananenester" synthetisiert. Die Synthese dauerte etwa drei Stunden. Währenddessen konnte ich unter Anleitung der Lernenden eine Apparatur mit einem Rührmotor aufbauen und auf einer weiteren Anlage haben wir Chlorophyll aus Blättern extrahiert. Es war ein sehr interessanter Tag und ich habe weitere Eindrücke und Erfahrungen in der Praxis sammeln können.

Brückenbau in der Lehrwerkstatt

Am Mittwoch durfte ich mich in ein mir unbekanntes Gebiet vertiefen und besuchte die Lehrwerkstatt für Anlagen- und Apparatebau der EMS. Hier hatte ich die Gelegenheit mit Metallen wie Chromstahl oder Stahl zu arbeiten. Ein Lernender stand mir beiseite und zeigte mir, wie man die Maschinen zum Schneiden, Biegen und Schleifen bedient. Nach dieser kleinen Einführung konnten wir zusammen eine kleine Brücke aus Chromstahl und Stahl bauen. Am Schluss zeigte er mir, wie man überhaupt Metalle auf unterschiedliche Weisen zusammenschweisst, sowohl mit und ohne Zusätze.

Forschung, Entwicklung und Anwendungstechnik

Auf diesen Tag habe ich mich besonders gefreut! Ich konnte beobachten, wie neuentwickelte Polyamide in den Versuchsanlagen auf Herz und Nieren getestet wurden. Anschliessend hatte ich die Gelegenheit einige Apparate und Geräte kennenzulernen, von denen ich nie gehört habe, wie beispielsweise das FTIR-Spektrometer (Fourier-Transform-Infrarotspektrometer), die Gaschromatographen oder bestimmte Apparaturen, um die Viskosität der Polymere auszutesten. Am Nachmittag konnte ich die Anwendungstechnik besichtigen und mir wurde erklärt, wie die Spritzguss- und Extrusionsmaschinen funktionieren. Dabei konnte ich miterleben, welches Vorgehen genutzt wird, um die Polymere auf unterschiedliche Eigenschaften wie Druck- und Temperaturbeständigkeit zu charakterisieren.

Eine professionelle Kommunikationsabteilung ist für ein Grossunternehmen wie die EMS-Chemie unentbehrlich. Bild: Sebastián Ramírez

Alles eine Frage der Kommunikation

Den letzten Tag dieser spannenden und erlebnisreichen Woche verbrachte ich auf der Kommunikationsabteilung.
Dort werden Medieninformationen getippt, Inserate gestaltet, Webseiten programmiert und Messen organisiert. Ich war überrascht, welcher Aufwand hinter einem scheinbar simplen Text oder Bild steckt, da praktisch alles vor der
Veröffentlichung von mehreren Personen genehmigt werden muss. Oft führt das zu einem zeitraubenden Hin und Her, bis schliesslich alle einverstanden sind. Auch hier bekam ich einen interessanten Einblick in ein mir bis anhin fremdes Gebiet.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Mitarbeitern der EMS-CHEMIE bedanken, die mich während dieser Studienwoche betreut haben, sowie bei der SimplyScience Stiftung, die mir den Kontakt zur Firma vermittelt hat. Ich habe viel profitiert und werde diese Woche als sehr lehrreiche und spannende Zeit in Erinnerung behalten.

Quelle: Juan Sebastián Ramírez Robayo, Student Chemieingenieurwesen ETH im 2. Semester
Erstellt: 06.03.2014
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