Zellen & Moleküle

Die bunte Chemie der Stimmungsringe

Nahaufnahme einer schillernden Textur in gelb, orange, pink und lila

Im Polarisationsmikroskop zeigt sich die Textur eines Flüssigkristalls. Bild: Minutemen/Wikimedia CommonsCC BY-SA 3.0

Zaubertassen oder Stimmungsringe erstaunen mit ihren wechselnden Farben. Dahinter steckt das Prinzip der Thermochromie, bei dem Stoffe durch Temperaturschwankungen ihre Farbe ändern. Dieser Effekt wird für viele spannende Anwendungen im Alltag oder in der Industrie genutzt.

Bestimmt hast du schon einmal aus einer „Zaubertasse“ getrunken und gestaunt, wie sich das Bild darauf beim Einschenken eines heissen oder eiskalten Getränks verändert. Auch Stimmungsringe oder -Anhänger, die je nach Gemütslage ihre Farbe verändern sollen, sind beliebte Accessoires.

Zaubertassen zeigen je nach Temperatur unterschiedliche Motive. Bild: damianosullivan/Wikimedia CommonsCC BY-SA 3.0

Das Wort Thermochromie setzt sich aus den griechischen Wörtern „thermos“ für Temperatur und „chroma“ für Farbe zusammen. Wenn es kälter oder wärmer wird, ändert sich der Molekülzustand oder die Kristallstruktur von Verbindungen mit thermochromen Eigenschaften, wodurch sie das Licht anders absorbieren und in einer anderen Farbe erscheinen. Der Farbwechsel kehrt sich normalerweise um, sobald die Ausgangstemperatur wieder erreicht ist. Doch es gibt Ausnahmen, bei denen der thermochrome Farbwechsel dauerhaft bleibt. Thermochromie kann bei organischen und auch bei anorganischen Verbindungen auftreten, wie beim roten Rubin, der sich bei Hitze grün färbt. Und auch einige Flüssigkeiten sind thermochrom, wie zum Beispiel gelöstes Cobaltchlorid, das zwischen blau und pink wechselt.

Silberner Fingerring mit grossem, grün-bräunlichen Stein

Mit der Temperatur ändert der Stimmungsring seine Farbe. Bild: Alkivar/Wikimedia Commons

„Magische“ Stimmungsringe

Sogenannte Stimmungsringe, die ihre Farbe ändern, zeigen angeblich die Laune der Person, die ihn trägt: Ist der Ring hellblau, ist die Person gelassen, ist der Ring rot, ist sie genervt. Violett soll für nervös stehen und dunkelblau für romantisch. Dahinter stecken keine übernatürlichen Kräfte, sondern die thermochromen Effekte von Flüssigkristallen. Bei Stimmungsringen wird ein Streifen mit Flüssigkristallen auf den eigentlichen Ring aufgeklebt, der aus einem wärmeleitenden Material wie Silber oder vergoldetem Messing besteht. Über den Flüssigkristallen liegt eine Kuppel aus Glas oder Kunststoff. Je nach Hersteller werden andere Flüssigkristalle verwendet, doch am häufigsten sind es langkettige organische Verbindungen, sogenannte Polymere. Oft wird Cholesterylbenzoat eingesetzt, das auf Cholesterin basiert, einem fettartigen Stoff, der in allen tierischen Zellen vorkommt. Im „kalten“ Zustand sind die Flüssigkristalle fest, das heisst, ihre Moleküle zeigen in die gleiche Richtung und haben eine konstante Farbe. Wird der Ring durch den Körper erwärmt, gehen die Flüssigkristalle in die „heisse“ Phase über, die aus verschiedenen Graden besteht. Die Moleküle nehmen die Wärmeenergie auf und verdrehen sich bzw. ändern ihre Ausrichtung. Dadurch absorbieren und reflektieren sie das Licht anders, und unterschiedliche Farben erscheinen. Der Ring ist so eingestellt, dass er vor allem im ungefähren Bereich der Hauttemperatur viele verschiedene Farben zeigen kann.

Industrielles Heizrohr mit aufgemalten gelben und roten Streifen

Thermolacke zeigen, ob die Temperatur des Geräts einen Grenzwert überschritten hat. Bild: Wikimedia Commons

Nützliche Thermochromie

Die optisch ansprechenden Effekte der Thermochromie werden oft spielerisch und künstlerisch genutzt. Zaubertassen bringen ein neues Motiv zum Vorschein, wenn sie mit heisser Flüssigkeit gefüllt sind, thermochrome Tinte wird durchsichtig bei höheren Temperaturen und sogenannte Thermolacke können Autos bei Hitze in komplett anderer Farbe zeigen. Doch mithilfe von Thermochromie werden auch nützliche Alltagsgegenstände hergestellt. So gibt es spezielle Löffel für Babynahrung, die bei zu hoher Temperatur die Farbe wechseln. Thermochrome Verpackungen von Lebensmitteln können anzeigen, ob eine Limonade die optimale Temperatur zum Trinken hat oder ob Essen nach Erwärmen in der Mikrowelle zu heiss ist. Spezielle Folien werden eingesetzt, um zu sehen, ob ein Lebensmittel während des ganzen Transports gekühlt wurde. Die Folie färbt sich, wenn die Höchsttemperatur überschritten wurde – allerdings ist hier die Besonderheit, dass die Farbe so bleibt, auch wenn es wieder kühler wird. Thermochrome Folien können auch an Aquarien die Temperatur anzeigen, und an Autoscheiben verdunkeln sie sich automatisch bei Sonneneinstrahlung.

Thermochrome Stoffe sind auch für industrielle Zwecke sehr hilfreich, um eine einfache optische Kontrolle für bestimmte Prozesse zu haben. Maschinen, die unter einer bestimmten Temperatur laufen, werden dafür mit Thermolacken bestrichen. Wird das Gerät zu heiss oder zu kalt, weil etwas nicht stimmt, können die Verantwortlichen anhand des Farbwechsels sofort sehen, dass sie etwas unternehmen müssen. Sogar für medizinische Zwecke wird Thermochromie eingesetzt. In wissenschaftlichen Studien wurde bereits erfolgreich gezeigt, dass Stimmungsringe Beschädigungen der Nerven sichtbar machen können, welche sich darin äussern, dass beide Hände unterschiedliche Temperaturen haben.

Flüssigkristall-Bildschirme

Flüssigkristalle können nicht nur bei Temperaturschwankungen ihre Farbe ändern, sondern auch, wenn sie unter elektrischer Spannung stehen. Dieses Prinzip wird für Flüssigkristallanzeigen (englisch: liquid crystal display, LCD) eingesetzt, also zum Beispiel für Fernseher. Durch das elektrische Feld wird die Ausrichtung der Flüssigkristalle gezielt kontrolliert, sodass diese nur einen bestimmten Bereich des Lichts reflektieren und die gewünschte Farbe anzeigen.

Flachbildschirm, der die Erde vom Weltall aus zeigt
Erstellt: 17.06.2021
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