Zahlen & Geschichte

Mikrowellen: Vom Radargerät in die Küche

Schale mit Popcorn in einem Mikrowellenofen

Der Mikrowellenofen eignet sich sehr gut zur Herstellung von Popcorn. Bild: CanStockPhoto

Mikrowellen sind im elektromagnetischen Spektrum zwischen Infrarotstrahlung und Funkwellen angesiedelt und können nicht ohne technische Hilfsmittel wahrgenommen werden. Dass der Mikrowellenofen heute weite Verbreitung in der Küche gefunden hat, verdanken wir der zufälligen Beobachtung eines amerikanischen Ingenieurs.

Vom Zufall in der Wissenschaft

Serendipity: Das englische Wort für die „glückliche Fügung“ drückt aus, was in der Forschung manchmal eine grosse Rolle spielt – der völlig ungeplante „Aha“-Moment im Labor! In dieser Artikelserie geht es um bahnbrechende Erfindungen und Erkenntnisse, die wir im Grunde Zufällen oder Missgeschicken zu verdanken haben.

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Mikrowellen lassen sich zum Erwärmen von Speisen einsetzen: eine Anwendung, nach der mitten im zweiten Weltkrieg wirklich niemand gesucht hatte. Die Feststellung muss den amerikanischen Ingenieur Percy Spencer erst einmal ziemlich überrascht haben – und nicht unbedingt auf angenehme Weise …

Ingenieur im Selbststudium

Aber der Reihe nach. Percy LeBaron Spencer, geboren 1894, war kein studierter Physiker oder Professor. Seine theoretischen Kenntnisse der Funktechnik hatte er sich fast alle selbst erarbeitet, denn er war ohne Eltern aufgewachsen und hatte die Schule als 12-Jähriger ohne Abschluss verlassen, um Geld zu verdienen.

Vom Funker bei der Marine wurde er zum Ingenieur bei einem Funkgerätehersteller. Als der 2. Weltkrieg ausbrach, arbeitete Spencer bereits fast 15 Jahre in einem kleinen Unternehmen, das Bauteile für Verstärker herstellte, und war dort Leiter der Forschungsabteilung geworden. Er beschäftigte sich mit Magnetronen; das sind Röhren, in denen Mikrowellenstrahlung erzeugt wird. Solche Röhren fanden in Radargeräten Anwendung, und Spencer verbesserte ihre Leistungsfähigkeit entscheidend, was von der US-Navy mit einer Auszeichnung gewürdigt wurde.

Eine klebrige Überraschung

Alter Mikrowellenofen mit nach oben öffnender Klappe

Ein Mikrowellenofen für den Haushalt von 1976. Bild: National Museum of American History

Eines Tages im Jahr 1945 machte Spencer jedoch eine unerwartete Feststellung: Als er neben einem Magnetron stand, begann der Schokoriegel, den er sich als Zwischenverpflegung mitgenommen hatte, in seiner Hosentasche zu schmelzen!

Ihm war sofort klar, dass dies auf die Mikrowellenstrahlen aus dem Magnetron zurückzuführen sein musste. Spencer führte daraufhin weitere Experimente durch, um seine Theorie zu untermauern. Einer seiner ersten Mikrowellen-Versuche bestand darin, getrockneten Mais durch Mikrowellenstrahlung zum Poppen zu bringen. Mit dem Erfolg dieses Versuchs war die Idee zum Mikrowellenofen geboren.

Rasche Entwicklung

Von da an ging alles sehr schnell. Nur zwei Jahre später – der Krieg war inzwischen vorüber – vertrieb die Firma, in der Spencer angestellt war, die ersten Mikrowellengeräte. Sie hatten allerdings noch wenig Ähnlichkeit mit unseren heutigen Mikrowellenöfen: knapp zwei Meter gross, mehr als 300 kg schwer und so teuer wie ein kleines Auto, waren sie vorerst nur für Gastbetriebe interessant. Wenige Jahre später begann man, kleinere und günstigere Mikrowellengeräte für den Haushalt zu produzieren. Man schätzt, dass heutzutage zwei Drittel aller Schweizer Haushalte mit einem Mikrowellenofen ausgestattet sind.

Elektromagnetische Wellen

Elektromagnetische Wellen umgeben uns immer und überall. Sie werden anhand ihrer Wellenlänge oder Frequenz unter anderem in folgende Bereiche eingeteilt: Radio-, Mikrowellen- und Infrarotstrahlung, sichtbare Wellen, Ultraviolett-, Röntgen- sowie Gammastrahlen (eine Art radioaktiver Strahlung). Wie der Name vermuten lässt, bilden sich elektromagnetische Wellen durch das zeitliche Wechselspiel von elektrischen und magnetischen Feldern. Im luftleeren Raum breiten sie sich mit Lichtgeschwindigkeit aus, also mit ungefähr 300.000 km/Sekunde.

Nur ein winziger Teil des elektromagnetischen Spektrums ist für den Menschen direkt wahrnehmbar. Dennoch verwenden wir täglich Geräte wie Radio, Telefon oder Fernseher, die ohne den Einsatz von unsichtbaren Wellen nicht funktionieren würden. Fast alle elektromagnetischen Strahlen sind für uns Menschen harmlos, doch es gibt einige Bereiche, die uns gefährlich werden können. So hatte wahrscheinlich jeder schon mal einen Sonnenbrand, hervorgerufen durch ultraviolette Strahlung. Bei noch kürzerer Wellenlänge und höherer Energie werden die Strahlen zunehmend gefährlicher. So können beispielsweise Gammastrahlen, die beim Zerfall von Atomkernen entstehen, Strahlenkrankheit hervorrufen.

Erstellt: 23.03.2023
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